Brief von Jacques Gaillot vom 1. Juli 1999

Bilder im Rückblick

Neues Buch: Virtuelle Kirche

 

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Bilder im Rückblick

Ein Journalist stellte mir drei Fragen zum Zeitgeschehen. Er hätte sie genauso gut jedem und jeder von Euch stellen können; es sind Fragen, die uns dazu anregen, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen, um so die Zukunft in hellerem Lichte sehen zu können.

Welches ist an diesem Jahrhundertende das herausragendste Ereignis, das Sie in bleibender Erinnerung bewahren werden?

Der Fall der Berliner Mauer. Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie ich mit großer Verwunderung im Fernsehen die überwältigenden Bilder der Tagesschau sah. Der Fall der Mauer war ein Ereignis von großer Tragweite, das den Zusammenbruch des Kommunismus, das Ende des Kalten Krieges und das Überschreiten der Grenzen nach sich zog... Die Folgen sind jetzt noch spürbar, wie Wellen, die, durch ein Seebeben hervorgerufen, unaufhörlich mit Wucht hoch gegen das Ufer prallen. Eines Tages werden die Historiker vielleicht sagen, das 21. Jahrhundert habe mit dem Fall der Mauer begonnen, ohne sich an unseren Kalender zu halten. Denn wir sind in eine neue, planetarische Welt eingetreten, in der sich alles rasend schnell bewegt und ändert.

Welches Bild bleibt Ihnen?

Das Bild des jungen Chinesen, der die unglaubliche Kühnheit besaß, auf dem Tienanmen-Platz die Panzer herauszufordern. Er ist aus der Menge herausgetreten, um sich vor einen Tank zu stellen. Eine überraschende Konfrontation. Ein kleiner, unbewaffneter Mann bot den Kanonen die Stirn! Und was noch außergewöhnlicher war, er wagte es, über die Raupe auf den Tank zu klettern. Und dann beugte er sich zur Öffnung hinunter, um ein paar Sekunden mit dem Fahrer zu sprechen. Ein unvergeßlicher Augenblick. Unser junger Held versuchte eine Kommunikation herzustellen. Wir wissen nicht, was er gesagt hat, aber er wußte sicher, daß in diesem Tank ein menschliches Wesen saß, mit pochendem Herzen und fähig, vom Frieden reden zu hören. Wir wissen auch nicht, wer dieser junger Chinese ist und was aus ihm geworden ist. Aber durch die Größe seiner Geste vertritt er uns alle, das Beste, was in uns steckt. Er vertritt uns, mit unseren nackten Händen, der Revolte unseres Gewissens im Angesicht der Ungerechtigkeit, mit unseren gewaltlosen Kämpfen angesichts der Unterdrückung.

Welchen Traum haben Sie für das nächste Jahrtausend?

Den Traum der menschlichen Geschwisterlichkeit. Zusammen leben, welches auch unser Land sei, unser Volk, unser Glaube, unsere Hautfarbe. Daß in Jerusalem Israelis und Palästinenser mit gleichen Rechten miteinander leben können. Ich träume davon, daß sich diese Geschwisterlichkeit auf alle Lebewesen der Natur ausweitet. Denn wir sind Erdenbewohner. Wir gehören zum Kosmos. Menschliche und kosmische Brüderlichkeit hängen zusammen.

Und was würdet Ihr dem Journalisten auf seine Fragen antworten?

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Bischof Jacques Gaillot
VIRTUELLE KIRCHE
KIRCHE DES JAHRES 2000
Ein Bischof
im Reich des Internet
 

Die brutale Absetzung von Jacques Gaillot als Bischof von Evreux im Januar 1995 hatte die etwas surreale Ernennung zum Oberhirten von Partenia zur Folge, einem Bistum in Algerien, das seit Jahrhunderten nicht mehr existiert. So wurde er auch eine Art virtueller Bischof, dessen potentielle Diözesen über den ganzen Planeten zerstreut sind... Ein Jahr später beschloß er, die Institution beim Wort zu nehmen, und schuf eine Webseite, um mit Gesprächspartnern auf der ganzen Welt kommunizieren zu können. Der Erfolg trat augenblicklich ein: Tausende von Internetbenützern von ganz Frankreich, von Kanada, Australien und Dutzenden von andern Ländern, Laien und Kirchenleute, Christen und Nichtchristen, Sympathisanten und Gegner diskutierten bald über die verschiedensten Themen.

Dieses Buch berichtet über den außergewöhnlichen Treffpunkt der Partenia-Homepage, Abbild einer Kirche von morgen, für welche die aus dem Mittelalter stammende geographische Zerstückelung der Diözesen keinen großen Sinn mehr machen wird. Jacques Gaillot übermittelt uns - von Philippe Huet und Elizabeth Coquart gesammelte - Botschaften, die den Ausschluß den Rassismus, die Todesstrafe und viele andere heikle Themen als Ausgangspunkt haben. Der Traum einer Kirche, die mit der sich verändernden Welt Schritt zu halten versucht, die Erinnerung an die Revolten und Hoffnungen einer ganzen Generation: Diese Sammlung von Zeugnissen, die dem Bischof anvertraut worden sind, begründet eine vollkommen neue Art der Seelsorge.

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