Logbuch: Dezember 2006

  In Madrid Die Tragödie von Beit Hanun
  Die Gemeinschaft Arche  Vor Gericht 
 

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In Madrid

Ich bin einer Einladung der Konferenz der spanischen Ordensleute gefolgt, um an einer Diskussion über das Thema "Neue Grenzen der Mission von heute" teilzunehmen. Ich habe das Gefühl, den Ruf der großen weiten Welt zu hören.
Der Verantwortliche erwartet mich am Flughafen von Madrid. Die Begrüßungsworte tragen dazu bei, dass ich mich hier gleich wohl fühle: "Sagen Sie alles, wozu Sie Lust haben: Wir sind sehr offen."

ouverture Tatsächlich legt diese Versammlung von fast zweihundert Personen eine erstaunliche Offenheit an den Tag. Die meisten von ihnen haben mehrere Jahre in Afrika oder Lateinamerika verbracht, an schwierigen Orten, wo Frauen, Männer und Kinder dauernd mit der Gefahr leben müssen. Und das hat das Leben dieser Missionare von Grund auf verändert. 

Ich logiere bei Klosterfrauen und gebe mir Mühe, die Messe auf Spanisch zu feiern! 

eucharistie


Alle am Kongress anwesenden Gemeinschaften kennen sich. Alle haben eine internationale Dimension. Sie pflegen regelmäßige Kontakte und sind es gewöhnt zusammenzuarbeiten. Ich bin Zeuge ihrer Freude beim Wiedersehen.
Von vielem war die Rede, von der Aids-Epidemie in den afrikanischen Ländern und den Vorbeugungsmaßnahmen, vom Waffenhandel und von dem, was im Rahmen der "Gerechtigkeit und Frieden"-Kommissionen geschieht.

tient la main des pauvres Das religiöse Leben ist nicht etwas, was fern von den großen gesellschaftlichen Problemen stattfindet. Es ist an vorderster Front dabei.
Indem man den Armen die Hand reicht, bereitet man die Wege des Friedens.
 
     
   

Die Tragödie von Beit Hanun

Das Massaker von 19 palästinensischen Zivilpersonen mitten in der Nacht durch israelische Panzergranaten ist empörend. Frauen und Kinder sind umgekommen.
Auf dem Place de la Bastille in Paris findet eine Kundgebung statt. Wir stehen unter Schock.

solidarité Die Demonstration ist ein Ausdruck des Zorns, aber auch der Solidarität mit dem palästinensischen Volk, das tagtäglich gedemütigt, verletzt und seiner Rechte beraubt wird. 

Die Fahnen der verschiedenen Organisationen flattern im Wind. Ich erkenne die der Hisbollah. Auf Spruchbändern, durch Slogans wird die Kolonialpolitik Israels angeprangert sowie die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft.

Um mich herum wird heftig diskutiert:
"Die israelische Armee tötet gezielt die Hamas-Führer. Was kann man von der Hamas unter einem derartigen Druck an Fortschritten erwarten? Sie kann nur den Bruch mit Israel wollen."

"Die palästinensische Behörde ist zerstört worden, wie kann sie da noch aktiv werden?" 

autorité palestinienne


"Wird die europäische Gemeinschaft den Mut haben, zum Schutz der Palästinenser das zu tun, was sie im Libanon getan hat?
"
 
Wenn von der internationalen Gemeinschaft nichts mehr zu erwarten ist, greift man wieder zur Gewalt. In ihrem Schmerz schreien die Palästinenser nach Rache.
Man muss durchhalten, die Hoffnung nicht aufgeben!
   

 

     
   

Die Gemeinschaft Arche

Abbaye Saint Antoine Gegründet wurde sie von Lanza del Vasto. Christliche Familien leben in der Abbaye de Saint Antoine zusammen; die ehemalige Abtei wird immer noch restauriert. Der Ort ist von seltener Schönheit und zieht viele Touristen an. Jede Familie hat eine Wohnung für sich. Die Gärten der Abbaye kommen mir paradiesisch vor. Am Horizont erkennt man die Umrisse der Berge von Vercors. 

Für die Gemeinschaft Arche sind Gewaltlosigkeit und Achtung vor der Natur äußerst wichtig. Wie es sich gehört, wird nach vegetarischen Grundsätzen gekocht. Das Gebet kommt auch nicht zu kurz.
Jeden Tag frühstücke ich bei einer Familie und abends esse ich bei einer andern. So habe ich die Möglichkeit, einige junge Leute kennen zu lernen. Junge Leute, bei denen ich eine gewisse Distanz gegenüber der Arche feststelle, und auch eine gleichgültige Haltung was die Religion betrifft. Das ist nicht das, was sie beschäftigt. Die Abbaye Saint Antoine ist weit weg von den Zentren und den Universitäten.

Am Mittag wird in der Gemeinschaft gegessen. An einem großen, mit Gemüse und Obst beladenen Tisch kann sich jeder bedienen. Zu trinken gibt es Wasser oder Tee. 

repas communautaire

Am Vormittag helfe ich gern beim Gemüserüsten, so lassen sich leicht Kontakte knüpfen.
Die Gemeinschaft setzt sich gezielt für verschiedene Anliegen ein: Für den Frieden, den Ausstieg aus der Kernergie, die Ablehnung der GVO-Kulturen (gentechnisch veränderte Organismen).
Es ist für mich ein schönes Erlebnis, drei Tage in dieser Gemeinschaft zu verbringen. Das vorgegebene Thema, über das ich sprechen soll, ist das Jesus-Wort "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Johannes 14,6).
Beim Abschied fragt mich einer der Leiter: "Welchen Ratschlag würdest du der Arche für die Zukunft geben?" - "Fragt die Jungen!"

   

 

     
   

Vor Gericht

Ich bin als Zeuge vorgeladen worden. Ein Mitglied der Organisation "Droits devant", wo ich Kopräsident bin, ist der Gewaltanwendung gegenüber einem Beamten angeklagt worden. Solche Anklagen sind heutzutage gang und gäbe. Es ist eine Logik der Repression, die sich gegen bekannte Aktivisten richtet.

Nicht alle können in den engen Saal eintreten. Aber was zählt, ist, dass viele Aktivisten gekommen sind.
Die Organisation "Droits devant" kann von sich sagen, dass sie seit ihrer Gründung vor bald 13 Jahren gewaltlos ist. Die Polizei weiß das.
Das Warten nimmt kein Ende. Schließlich erfahren wir, dass das Gericht entschieden hat, den Prozess zum zweiten Mal zu vertagen.
 

non-violente

Wir verlassen den Gerichtssaal und treffen mit all denen zusammen, die sich zur Unterstützung des Angeklagten auf dem Platz vor dem Palais de Justice versammelt haben. Die Polizei ist einsatzbereit.
Nicht weit davon entfernt wird uns freundlicherweise das "Espace St-Michel" zur Verfügung gestellt, wo wir uns zusammenfinden und all das sagen können, was uns im Gerichtssaal durch den Kopf gegangen ist.

contre l'injustice Ich erinnere mich an eine frühere Begebenheit: "Der Mann, dem heute der Prozes gemacht wird, war mit mir in Palästina, in den besetzten Gebieten. Als er die Erniedrigung des palästinensischen Volkes sah, gab er seiner Entrüstung lautstark Ausdruck. Er ertrug die Ungerechtigkeit nicht, unter der dieses Volk zu leiden hat. Für die anwesenden Palästinenser war es eine Anerkennung ihrer Würde."