Der elektronische Katechismus: Oktober 2001

  In der Bibel gelesen:  "Liebet eure Feinde"
  "Die Überfülle"  

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In der Bibel gelesen 
la bible 

In Gruppen werden die evangelischen Texte verjüngt und aktualisiert!


Eine Gruppe aus dem Gard läßt uns an ihrer Bibellektüre teilnehmen:
Mt 5,38-48 und Lk 6,27-35

"Liebet eure Feinde"   Gewaltlosigkeit 

Was hier vor allem als wichtig erscheint, ist die Tatsache, dass Jesus die aktive Gewaltlosigkeit erfindet. Die Gewaltlosigkeit gab es zwar früher schon in Indien im Dschainismus, aber das war, soweit wir wissen, eine Art poetischer Mystik.

Bei Jesus geht es um etwas sehr Konkretes: das Durchhalten, wenn man sich mitten in einem Konflikt befindet.

Früher (und leider oft auch heute) kannte man im Allgemeinen nur zwei mögliche Haltungen gegenüber einem Angreifer oder einem Unterdrücker:
- die Reaktion durch Gewalt (zurückschlagen, möglichst mit größerer
Heftigkeit)
- sich ergeben und/oder flüchten.

Jesus aber gibt den Rat, dem andern in die Augen zu sehen und einen Dialog zu beginnen, also beinahe eine Provokation, die aber motiviert ist durch die Liebe und die Hoffnung, das Gewissen des andern "anzugreifen", auf die Gefahr hin, noch mehr zu leiden - also eine mutige Haltung. Das Feindbild zerfällt, da der andere als Person betrachtet wird. Das Böse wird durch das Gute überwältigt, da durch den Beginn eines Dialogs jeder von seiner Angst und Aggressivität befreit wird.

Alle gewaltlosen Kämpfer unserer Zeit haben diese Methode angewendet, auf verschiedene, phantasievolle Arten: Gandhi, Martin Luther King, die Bauern von Larzac, die Tschechen 1968 …  MGandhi u. MLKing

Gandhi hat, als er als Student in London weilte, mit großer Freude die Evangelien entdeckt ...

     
   

"Die Überfülle"

In beiden Texten scheint die Überfülle der Liebe zwischen den Zeilen auf. Wenn dir jemand dein Hemd nimmt, dann gib ihm auch den Mantel, wenn jemand von dir verlangt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh mit ihm zwei, wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte auch die linke hin, wenn du bestohlen wirst, beklage dich nicht; liebt diejenigen, die euch nicht lieben, liebt eure Feinde.

zuhören, sprechen...  Was bedeutet das? Seine Habe, seine Zeit schenken, zuhören., reden, noch mehr geben, sogar und vor allem denen, die euch bestehlen, euch hassen, eure Feinde oder auch nur lästig sind. 

Chouraqui übersetzt übrigens Mt 5,47 durch: "Wenn ihr nur eure Brüder grüsst, was tut ihr da an Überfülle?"

Wie Gott, der im Übermaß Gnaden, Fähigkeiten und Charismen schenkt, wie Gott, der hundertfach vergilt, was andern gegeben wurde, werden wir aufgerufen zu geben, ohne zu erwarten, dass wir etwas zurückerhalten, ohne zu verzweifeln. Denn in dem Maße, in dem wir nichts als Gegenleistung erwarten für unsere Überfülle, wird uns Überfülle zuteil werden. Machen wir in Liebe konkrete Geschenke, Gott wird daraus noch mehr Liebe schaffen. Geben wir Materielles, Gott wird daraus Spirituelles machen.

In den "Misérables" von Victor Hugo verhaftet die Polizei den ehemaligen Zwangsarbeiter Jean Valjean, weil sie ihn verdächtigt, das Silberbesteck des Bischofs von Digne gestohlen zu haben (was auch tatsächlich der Fall war). Der Bischof, Mgr Myriel, klagt ihn aber nicht auch noch an, er wäscht ihn von aller Schuld rein, indem er sagt, er selber habe ihm dieses Besteck gegeben, und er schenkt ihm obendrein noch zwei silberne Kerzenständer: Überfülle des Verzeihens und des Nicht-Verurteilens. Der ehemalige Häftling wird durch dieses Geschenk ein freier Mann, er hat die Möglichkeit zu leben, ohne je wieder zum Dieb zu werden.