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- Gott ist nicht unser Ebenbild
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Ist Ihnen aufgefallen, wie Gott während des Irak-Kriegs
angerufen wurde, herbeigerufen, eingespannt? Plötzlich kam
man nicht mehr um ihn herum. Man kann doch nicht auf ihn verzichten,
wenn er der Gott der Heerscharen, des Krieges ist. Jeder hat
ein Interesse daran, dass er auf seiner Seite ist - natürlich
damit das Gute gewinnt. |
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- Als der Bombenhagel auf Bagdad niederging, verkündete
Georges Bush: "Gott segne unser Land und alle, die es verteidigen.".Zur
gleichen Zeit wandte sich Saddam Hussein an sein Volk: "Durch
Gottes Willen werden diese Tage eurer glorreichen Vergangenheit
euren Teil des Ruhmes und des Sieges hinzufügen . . . "
Ein Christ vertraute sich mir mit folgenden Worten an: "Wenn
ich gelegentlich noch der Messe beiwohne, ertrage ich es nicht
mehr, vom allmächtigen Gott sprechen zu hören. Wenn
Gott allmächtig ist, dann soll er handeln, dann soll er
etwas tun!".
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Ich schreibe diese Zeilen an einem Karfreitag. Am Kreuz verzichten
wir auf einen Gott, der uns ähnlich ist und den wir in unseren
Dienst stellen möchten. Am Kreuz ist der Gott der Religionen
gestorben, um Platz zu machen für den Gott des Evangeliums.
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- In der Schwachheit des Fleisches offenbart Jesus einen
hilflosen und entsakralisierten Gott. Einen Gott, der nicht mehr
fern und unerreichbar ist, sondern ganz nah bei jedem und jeder
von uns in der täglichen Existenz. Einen Gott, der sich
uns schenkt, ohne Distanz, ohne Maß. Einen Gott, der sich
den Ausgeschlossenen nähert, ohne irgendwelche Bedingungen
zu stellen. Einen Gott, der nicht einem einzelnen Volk gehört,
sondern der ganzen Menschheit.
Am Kreuz zerreißt Jesus den Schleier der Religionen, um
den Blick freizugeben auf ein Gesicht Gottes, das nicht mehr
unser Ebenbild ist - außerhalb der Religion; im profanen
Leben.
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Es wird allgemein beklagt, dass sich die Kirchen leeren, dass
die religiöse Praxis abnimmt. Ein Grund dafür könnte
der Rückzug der Religion in die Gesellschaft sein. Der moderne
Mensch strebt die Emanzipation der Vernunft und der Freiheit
an, er legt nach und nach die Fesseln der Religion ab. |
Er nimmt sein Schicksal in seine eigenen Hände,
will selber seinen Weg bestimmen. Erwachsen geworden, lehnt er
einen Gott ab, der eine unterwürfige, unerwachsene Haltung
verlangt. Wieso sollte man sich nicht darüber freuen? Gewisse
Glaubensinhalte werden aufgegeben, aber nicht unbedingt der Glaube
an Christus.
Der Gott der Religionen ist tot, aber nicht der Gott des Evangeliums.
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