Logbuch: Dezember 2004 

  Yassir Arafats Tod: eine Hoffnung für den Frieden?
  Auf der anderen Seite des Rheins unerwünscht 
  Ein jahrhundertealtes Gift Samias Kampf
 
Ein Katechismus, der Freiheit atmet von Jacques Gaillot
Ein Buch, dass dem kritischen Denken in der katholischen Kirche Raum gibt ...und für die Freiheit plädiert. (Der Link führt Sie zu den Infos - ab 1. September im Buchhandel)
 

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Yassir Arafats Tod: eine Hoffnung für den Frieden?

emotion et la peine Kurz nach der Bekanntgabe seines Todes ging ich zum Krankenhaus, um meine Solidarität mit den Palästinensern auszudrücken. Die Straße längs des Krankenhauses war voll von Leuten. Man sah ihnen die Erschütterung und den Schmerz an, einige weinten. Die Palästinenser dankten mir, dass ich gekommen war. Ich bahnte mir mühsam einen Weg durch die Menge bis zum Eingang. 

Die Sicherheitsleute ließen mich durch. Man führte mich zu Arafats Sarg.

Ich war dem Palästinenserführer, der die Hoffnungen seines Volkes verkörpert und dafür immer gekämpft hatte, wiederholt begegnet, in Tunis, dann in Ramallah. 

à Tunis

 
Seine Stärke bestand darin, dass er mit seinem Volk eins war. Er war zum Vater des Volkes geworden; dank ihm träumte es den Traum eines palästinensischen Staates.
Arafat wird nicht in Jerusalem beerdigt werden, aber unweit der Heiligen Stadt, in Ramallah, einer belagerten Stadt. Der Friede ist noch nicht in Sicht, aber vielleicht wird sich das bald ändern? Während ich vor dem Sarg betete, dachte ich daran, dass Arafat seinem Volk einen letzten Dienst erwies: Er bereitete den Weg für den zukünftigen Frieden.
 
Die PLO-Delegierte ließ mich in ihren Wagen einsteigen, und dann fuhr der Konvoi zum Militärflughafen Villacoublay, wo die republikanische Garde bereitstand. Ein Staatschef erwies Arafat die letzte Ehre. Sein Sarg wurde aus dem Helikopter gehoben und von französischen Soldaten auf die Schultern genommen. Welch ein schönes Symbol! Was für ein emotionsgeladener Augenblick! Die palästinensische Hymne ertönte. Die arabischen Sender übertrugen die Bilder live nach Ramallah.

symbole d'honneur Dann wurde der Sarg in den Airbus der französischen Republik geladen und die Tür schloss sich - das Ende eines Kapitels der Geschichte.
Die Palästinenser waren stolz und auch dankbar für das, was Frankreich für ihren Präsidenten getan hatte.
 

Starr vor Kälte stand ich auf dem Rollfeld und winkte zum Abschied. Das Flugzeug stieg auf und entschwand in Richtung Kairo. Ich wünschte mir, dass es einen Olivenzweig mit sich trug.
     

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Auf der anderen Seite des Rheins unerwünscht

Eugen Drewermann Ich hätte nach Deutschland reisen sollen, nach Bonn, um mit Eugen Drewermann zusammen, einem über die Grenzen seines Landes hinaus bekannten Theologen, einen Vortrag zu halten. Rom hat ihn ins Abseits gestellt, aber er geht seinen Weg weiter und setzt das, was er sagt, auch in die Tat um.  
 
Ich hatte mich auf die Begegnung mit meinem alten Freund gefreut. Mit dem Verbot des Kardinals von Köln hatte ich nicht gerechnet. Dieser erklärte mich zur unerwünschten Person in seinem Bistum, und so verzichtete ich auf die Reise nach Bonn.
In den Zeitungen konnte man lesen, der Erzbischof von Köln hätte zum ersten Mal in Deutschland vom Artikel des Kirchenrechts Gebrauch gemacht, der einen Bischof dazu ermächtigt, einem fremden Bischof den Zutritt zu seinem Territorium zu verbieten.
Es tat mir Leid für die Zuhörer, die Teilnehmer, Organisatoren und für Eugen Drewermann, der nun allein für den Abend verantwortlich war.
Ich richtete eine Botschaft an sie, in der ich meiner Hoffnung Ausdruck gab, dass dieses Verbot uns helfen möge, auf den Wegen der Freiheit weiter voran zu schreiten.

Wie kann eine befreiende Frohbotschaft weitergegeben werden, wenn die, die sie verkünden, sich dieser Freiheit nicht erfreuen?
Wenn die Kirche nicht durch ihre Art, zu sein und zu wirken, Zeugnis ablegt, was kann sie dann anbieten oder anprangern?
 

carte rouge pour Meisner


Ich habe bereits eine gewisse Erfahrung, was Verbote anbelangt. Wie immer gehe ich meiner Wege, breche zu neuen Ufern auf, denn für das Evangelium gibt es keine verbotenen Orte.
   

 

     
   

Ein jahrhundertealtes Gift

SOS Racisme An einem schönen Sonntagnachmittag nahm ich in Paris an der Demonstration gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierungen teil. Angesichts des zunehmenden Rassismus, des Wiederaufflammens des Antisemitismus und der unzähligen Diskriminierungen (Sexismus, Homophobie) war diese Veranstaltung schon seit langem geplant. 

Ich hatte - leider umsonst - auf eine starke Beteiligung gehofft.
Dort anwesend sein - das allein zählte.
Der Rassismus schlummert in jedem von uns. Wenn die Ausgrenzung dazukommt, kann er wieder aufflackern und sich wie eine alles zerstörende Feuersbrunst ausbreiten. Und die Gefährdung der sozialen Sicherheit ist der beste Nährboden für rassistische Kundgebungen. Wie immer sucht der Mensch nach Sündenböcken.

Der Demonstrantenzug näherte sich dem Place de la Nation. Um mich herum sprachen die Leute über Korsika und den Rassismus, der dort offen zum Ausdruck kommt. Im Moment versucht man, die Maghrebiner von Korsika zu vertreiben.
Aber indem die Korsen die Maghrebiner ausschließen, verleugnen und unterdrücken sie auch einen Teil von sich selbst.

Ich glaube, dass der Rassismus immer nach demselben Mechanismus funktioniert. Er muss unerbittlich bekämpft werden, woher er auch kommen mag. Es ist wirklich ein jahrhundertealtes Gift. 

combattre sans concession

   

 

     
   

Samias Kampf

La Chorba In der «Chorba», einer muslimischen Organisation, die den Sans-papiers und Bedürftigen zu essen gibt, treffe ich in der Küche auf Samia. Sie ist erst seit kurzem da und wird bereits von allen als vorzügliche Köchin geschätzt. Sie möchte mit mir über ihre Situation reden. 

Ihr Mann hat sie verlassen, hat den fünfjährigen Sohn mitgenommen, und sie ist nun allein hier mit einem sechs Monate alten Säugling, der gegenwärtig im Krankenhaus ist. Sie ist mittellos, hat keine Aufenthaltserlaubnis und auch keine Arbeit - was soll bloß aus ihr werden? Sie muss auch damit rechnen, dass sie in ihre Heimat abgeschoben wird. Wie könnte sie Frankreich verlassen, wenn ihr Kind hier krank ist und Pflege braucht?
Glücklicherweise ist sie von der Chorba wie in einer Familie mit offenen Armen aufgenommen worden.

Samia fühlt sich nicht mehr einsam. Sie kann nun ihren Problemen die Stirn bieten, denn viele helfen ihr.
Ihre Worte drücken ein tiefes Vertrauen aus: «Ich glaube, dass Gott mich nicht im Stich lassen wird. Der liebe Gott kümmert sich um mich.»
 

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