Logbuch: Juni 2004 

  Kämpfende Frauen Hundert Jahre: Das muß gefeiert werden...
  Ein Film über die Roma Auf der syrischen Botschaft 
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot
 
   Machtlos, aber frei
 

PARTENIA

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Kämpfende Frauen

reclamer au logement Zum ersten Mal sah ich eine Gruppe von Frauen im Hungerstreik. 42 afrikanische Familienmütter hatten diesen schwerwiegenden Entscheid getroffen und hatten ein leerstehendes, halb verfallenes Haus besetzt. Zu wiederholten Malen hatten sie eine anständige Wohnung verlangt. Umsonst. Heute haben sie nichts mehr zu verlieren und sind bereit, in ihrem Kampf bis zum Äußersten zu gehen. 

Am 16. Tag ihres Hungerstreiks liegen sie draußen auf der Straße mit ihren Kindern auf Matratzen.
Sie sind erschöpft, gedemütigt, aber immer noch entschlossen.
 

grève de la faim

Man ist versucht weg zu schauen, es ist unerträglich. Ich schäme mich für mein Land. Wie kann unsere Gesellschaft eine solche Situation dulden?
Ich wage es, ihnen ein wenig Hoffnung zu machen, denn es gibt keine ausweglosen Situationen. Die Lösung ist nicht abschieben, sondern verhandeln.
Drei Frauen sind die Wortführerinnen der Gruppe, aber sie können kaum aufrecht stehen! Zum Glück sind viele Leute da, die die Rebellinnen unterstützen wollen.
Wir fahren zum Stadthaus, wo der Präfekt persönlich unsere Delegation empfängt. Und dann - eine wunderbare Überraschung: Man findet einen Ausweg. Man verspricht, für all diese Familien eine Unterkunft zu finden.

     

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Hundert Jahre: Das muß gefeiert werden...

100 ans Humanité 1904-2004: Die von Jaurès gegründete kommunistische Zeitung "L'Humanité" feiert ihr hundertjähriges Bestehen. 
 
Das Echo eines ungewöhnlichen Jahrhunderts. Eine Zeitung, die so vielen Männern und Frauen in ihrem Kampf um Gerechtigkeit und Frieden beigestanden hat.
In der großen Halle des Kaufladens La Villette in Paris sind 5000 Gäste versammelt, die aus allen Regionen Frankreichs her gereist sind. Als eingeladener Gast nehme ich neben der Sekretärin der kommunistischen Partei und einem ehemaligen Minister Platz.

l'atmosphère est bon Es herrscht eine herzliche Atmosphäre, die Gesichter strahlen. Es ist ein Fest der Brüderlichkeit. Immer wieder schüttle ich Hände und unterschreibe die Sondernummer der "Humanité", wo Leute mit verschiedenstem Hintergrund zum Wort kommen. 

Während dem Essen tritt am Mikrofon ein Redner nach dem andern auf. Nun bin ich an der Reihe. Ich erinnere an Jaurès, an seinen Traum von der Gleichheit unter den Menschen. Das Morgen ist eine unerledigte Aufgabe. Wir sind verantwortlich für die Zukunft.

Ich verließ eine frohe Versammlung, das Fest sollte noch bis in die Nacht hinein dauern. Wenn das Leben hart ist, ist es um so wichtiger, dass man sich von Zeit zu Zeit freuen kann.
   

 

     
   

Ein Film über die Roma

les Roms Ein schöner Film, der mich sehr berührt. Ich sehe bekannte Gesichter wieder, Wohnwagen, in denen man mich empfangen hat, und diese vernachlässigten Orte, die von den meisten gemieden werden. Zwei Junge haben diesen Film im Rahmen ihrer Arbeit gedreht - bravo!  

Die Roma reden über ihren Alltag, über die Ungewissheit, die sie quält. Sie möchten doch so leben wie alle andern auch! Sie setzen alle Hebel in Bewegung, damit ihre Kinder zur Schule gehen können, Französisch sprechen können, eine Zukunft haben.

Aber die Ausweisung hängt nun wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen. Der Bürgermeister, der Pfarrer, die Schulleiterin, organisierte Aktivisten bezeugen ihre Solidarität. Sie sind mit ihnen in dieser Nacht, wo sie wie auf glühenden Kohlen sitzen.
Plötzlich durchbrechen heranbrausende Polizeiautos die Stille. Hektik, Schreie und Weinen. Die Familien werden abtransportiert, man weiß nicht wohin. Eine Massenverhaftung.
 

menace d'expulsion

Am Tag fährt ein Kran auf und zerstört einen Wohnwagen nach dem andern mit allem, was drin ist. Schwer zu ertragende Bilder.
Die Roma sind die Parias Europas.

respect des plus faible Soeben sind zehn neue Länder zu Europa gestoßen. Und die Roma werden abgeschoben. Das wirft doch Fragen auf: Wie kann das europäische Haus gebaut werden, wenn die Schwächsten nicht geachtet werden, wenn die Minderheiten keine Rechte haben? 

   

 

     
   

Auf der syrischen Botschaft

Aide par l'Amnesty International Aktam Naisse ist ein syrischer Advokat von 53 Jahren, bei Amnesty International kennt man ihn gut. Er ist Präsident der Komitees zur Verteidigung der demokratischen Rechte und der Menschenrechte in Syrien. 

Er wurde verhaftet, nachdem er von der Abteilung für militärische Sicherheit von Lattakié eine Vorladung erhalten hatte.
Aktam Naisse hatte schon 1991 und 1998 im Gefängnis gesessen, weil er sich für einen Rechtsstaat in seinem Land ausgesprochen hatte. Ich hatte damals diesen unermüdlichen Kämpfer unterstützt. Er verkörpert in meinen Augen die Kraft des Schwachen. Einer, der die Machthaber nicht fürchtet.
Dieses Mal soll er im Gefängnis eine Hirnblutung erlitten haben. Es heißt, er sei teilweise gelähmt.

Ich treffe mich mit den verschiedenen Menschenrechtsorganisationen; um ihn und andere Gefangene, die auch wegen ihren Meinungsäußerungen verhaftet wurden, zu verteidigen. 

droits de l'Homme

Die Polizei verbietet uns den Zugang zur Botschaft. Man will auch keine Delegation empfangen. Aber es hat ein paar Reporter und vor allem ein Fernsehteam des in arabischen Ländern wichtigen Senders Al-Jazira.