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- Drei Fragen an... Jacques
Gaillot
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- Wieder wurden wir im vergangenen
Monat durch die Nachricht einer Naturkatastrophe aufgeschreckt,
die in Pakistan 30 000 Todesopfer forderte. Diese Häufung
von Schreckensnachrichten führt dazu, dass der "Mann
auf der Straße" immer öfter davon spricht, dass
sich auf unserer Erde alles zum Schlechten verändert, dass
alles schief läuft
Unterschwellig ist die Tendenz
spürbar, wieder von einer sich rächenden Natur zu sprechen
oder sogar von einem Gericht, vor das die Erdenbewohner gestellt
werden, auch wenn es nicht das Endgericht ist. Wie beurteilen
Sie diese Denkweise? Ist es eine Rückkehr zur Gottesidee
(der Begriff einer Macht, die uns übersteigt)?
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- Diese Reden scheinen mir weder realistisch
zu sein noch für die Zukunft etwas zu bringen, und ich sehe
darin auch nicht die Rückkehr zu einem Gott, der nun wieder
entdeckt würde.
Es hat immer Erdbeben gegeben. Aber heute erfährt man sofort,
live, was passiert ist. Wir sind aufgerufen, verantwortungsbewusster
zu handeln.
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Wir wissen, dass der Kaschmir eine Risikozone
ist. Daher ist es nötig, dass diesen Risiken besser Rechnung
getragen wird, dass erdbebensichere Bauten errichtet werden (ich
denke an die Schulen) und das schnelle Hilfeleistungen ermöglicht
werden. Es ist auch ein dringender Aufruf, die Natur zu schützen,
indem die Treibhausgase verringert werden. |
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- Diese Naturkatastrophe löste
wiederum eine große Welle der internationalen Solidarität
aus, sogar im verfeindeten Indien. Könnte man darin einen
Hoffnungsschimmer sehen? Kann dieses ungeheure Elend Ihrer Meinung
nach dazu beitragen, dass ein planetarisches Zusammengehörigkeitsgefühl
entsteht, auf der Grundlage menschlicher Werte: Mitleid, Nächstenliebe,
Großmut?
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- Tatsächlich sind verfeindete
Völker plötzlich in der Lage, einander zu helfen und
miteinander zu sprechen. Das Kriegsbeil wird für eine Phase
der Solidarität begraben. Aber internationale Mitleidsbezeugungen
genügen nicht, an erster Stelle steht die Gerechtigkeit.
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- Die armen Völker fordern Gerechtigkeit,
das heißt, dass ihre Rechte geachtet werden, denn diese
werden unaufhörlich mit Füßen getreten!
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- Ein anderes aufwühlendes
Bild, das in diesem Monat in den Medien zu sehen war, ist das
der afrikanischen Emigranten, die in Handschellen in Busse befördert
und in der Wüste ausgesetzt wurden. Marokko weigert sich,
Europas Einwanderungsproblem mit eigenen Mitteln zu lösen...
Europa scheint nicht zu reagieren. Wer ist verantwortlich? Wo
könnten die Lösungen liegen?
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Dieses Bild ist unerträglich. Hunderte
von afrikanischen Migranten werden in der Wüste ohne Lebensmittel
und ohne jegliche Hilfe allein zurückgelassen. Wie kann
eine derart unmenschliche Behandlung toleriert werden, eine Schande
ist das für uns! |
Wir verlangen mit mehreren Organisationen zusammen von der EU,
dass sie die Repression gegen die Migranten nicht mehr finanziell
unterstützt, dass sie nicht Marokko 40 Millionen Euro zur
Verfügung stellt für den "entschlossenen Kampf
gegen die illegale Einwanderung".
Wir fordern, dass Spanien auf den Bau
einer Schandmauer um die Enklaven von Ceuta und Melilla verzichtet
und dass alle Überlebenden Aufenthaltspapiere erhalten. |
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Wir rufen Marokko auf, die Migranten nicht mehr zu bedrängen,
zu verhaften und auszuweisen.
Wir verlangen die Schaffung eines Ausschusses unter der Schirmherrschaft
der UNO, um die Verletzungen der Menschenrechte zu untersuchen
und festzustellen, wer für alle begangenen Verbrechen verantwortlich
ist, für die Deportationen in die Wüste und die unterlassene
Hilfeleistung an Personen in Gefahr.
Interview: Olivier Galzi
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