|
|
- Drei Fragen an... Jacques
Gaillot
-
- Beim Tod des Papstes fiel das
große Interesse der Medien und allgemein eine ungewöhnliche
Faszination auf. Dieses Interesse ist vielfach auch kritisiert
worden... Kann man es allein durch die Persönlichkeit Johannes
Pauls II. erklären?
-
- Johannes Paul II. war eine beeindruckende
Persönlichkeit. Bei ihm ist der Mensch immer größer
als seine Funktion und beschränkt sich nie bloss darauf.
-
|
Er war auch ein Papst, der die Grenzen
der katholischen Kirche überschritt, um die Menschheit zu
erreichen. |
-
- Sein geschickter Umgang mit den
Medien hat vieles bewirkt. Auf all seinen Reisen hat er sich
an riesige Menschenmengen wenden können. Bei seinem Tod
haben viele gedacht, es sei nun an ihnen, zu ihm zu gehen.
Die sakralen Riten der Bestattungszeremonien auf dem Petersplatz
faszinierten die Leute. Während einer kurzen Zeitspanne
gab es eine Art weltweite Verbrüderung. Grenzenlose Menschenmassen
freuten sich über das Zusammenkommen.
Ein derartiges Ereignis von planetarischem Ausmaß ist selten.
Außer dem Sport ist vielleicht nur die Kirche fähig,
der Menschheit so etwas zu bieten.
-
- Es gab auch diesen unglaublichen
Anblick der drei amerikanischen Präsidenten (Vater und Sohn
Bush, Clinton), die vor der sterblichen Hülle des Papstes
knieten, Georges W., der Protestant, Präsident der mächtigsten
Nation der Welt! Allein schon dieses Bild hat historische Bedeutung.
Wie deuten Sie es?
Das Bild ist in der Tat erstaunlich. So etwas hat man noch nie
gesehen. Als ich Georges Bush vor dem Sarg Johannes Pauls II.
auf den Knien sah, stellte ich mir vor, was er vielleicht in
diesem Moment zu sich selber sagte: "Wie kommt es, dass
dieser Papst mehr Menschen zusammentrommeln konnte als ich? Dass
sein Einfluss größer war als der meine? Dass sein
Wort so viele Junge erreichte auf der ganzen Welt? Dabei bin
ich doch der Präsident des reichsten und mächtigsten
Landes der Welt".
-
|
Die drei knienden Präsidenten mögen auch einen Augenblick
lang erkannt haben, dass Macht nicht zum Herrschen da ist, sondern
um zu dienen. Dass die Macht eines Landes nicht auf der Stärke
seiner Armee und seines Nuklearwaffenarsenals gründet, und
dass der Reichtum einer Nation eine Beleidigung darstellt gegenüber
dem Elend vieler.
-
- Wenn dieses Interview veröffentlicht
wird, wird man den Namen des neuen Papstes schon kennen... Welches
ist Ihrer Meinung nach das ideale Profil eines Nachfolgers von
Johannes Paul II.?
-
- Man hat gemerkt, wie groß
die Erwartung ist im Hinblick auf die Wahl des zukünftigen
Papstes. Ein betagter Übergangspapst - das wäre eine
Enttäuschung. Johannes Paul II. hinterlässt ein Erbe,
an dem sein Nachfolger schwer zu tragen haben wird. Ist es ein
Europäer, so wird man ihn gern mit seinem Vorgänger
vergleichen. Kommt er von einem andern Kontinent, ergibt das
eine gänzlich andere Situation. Man wird dann nicht mehr
versucht sein, einen Vergleich anzustellen.
|
Ich möchte, dass man eines Tages
vom neuen Papst sagen können wird: "Er trägt die
Hoffnung der Armen dieser Erde". Wenn er sich zum Anwalt
der Armen macht, wird er die Freiheit haben zur Erneuerung der
Kirche. |
Für meinen Teil werde ich den aus dem Konklave hervorgehenden
neuen Papst im Glauben als den Nachfolger des heiligen Petrus
annehmen, als den Papst, den Gott heute seiner Kirche geben will.
Interview: Olivier Galzi
|