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Unterstützung für
das tschetschenische Volk
Die Demonstration findet vor der russischen
Botschaft in Paris statt. Es ist Nacht, es geht ein eiskalter
Wind. Die wenigen Passanten scheinen sich für unsere Transparente
nicht stark zu interessieren. |
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- Ich bin froh, dass die Tschetschenen
da sind. Es sind vor allem junge Männer.
Gestern wurden die Tschetschenen als Kollektiv von Stalin als
Verräter bezeichnet, heute werden sie von Putin als Terroristen
betrachtet.
Mehr als 60 Jahre nach ihrer Deportation durch Stalin im Februar
1944 werden die Tschetschenen immer noch verfolgt.
Die Übergriffe gegen Zivilpersonen werden straflos weiterhin
begangen. Die tschetchenische Bevölkerung lebt im Kriegszustand
und ist dem Terror ausgesetzt. Es ist allgemein bekannt, aber
man nimmt es gleichgültig zur Kenntnis. Ein Volk, das vergessen
worden ist.
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Amnesty International weist regelmäßig
auf die massiven Verletzungen der Menschenrechte in Tschetschenien
hin.
Ich geselle mich zur Gruppe der Tschetschenen. Es ist eine Freude
zu sehen, wie sie miteinander diskutieren, glücklich, unter
sich zu sein und sich in ihrer Sprache unterhalten zu können.
Sie nehmen mich gern in ihrem Kreis auf. Dank einem Übersetzer
darf ich ein paar Worte an sie richten.
Es sind aufrechte, entschlossene Leute. |
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Hinrichtung eines politischen
Gefangenen
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Das unmenschliche Regime der Mullahs im Iran hat im Morgengrauen
Hodjat Zamani durch den Strang hingerichtet; er war seit 2001
im Gefängnis.
Als er gehängt wurde, war er 31 Jahre alt. Er hat im Kerker
von Gohardacht in der Nähe von Teheran die schlimmsten Torturen
erlitten. Aber Hodjat hat sich immer geweigert, sich den Forderungen
seiner Schergen zu beugen. |
Ich kannte seinen Lebenslauf. Ich war beeindruckt von diesem
Kämpfer, der sich nicht davor fürchtete, Risiken einzugehen.
Hodjat unterrichtete in den Dörfern Ilams (im Westen des
Irans), wo man seine Familie gut kennt.
Schon zwei andere Söhne der Zamanis sind vom iranischen
Regime hingerichtet worden.
Obwohl die Angehörigen mehrmals zum Gefängnis gegangen
sind, hat man ihnen die Leiche ihres Sohnes nicht ausgehändigt.
Die Nachricht von Hodjats Hinrichtung hat eine Welle der Entrüstung
ausgelöst. Der iranische Widerstand hat in 40 europäischen
Städten Europas, Nordamerikas und Australiens Zusammenkünfte
organisiert. |
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In Paris findet kurz darauf eine Pressekonferenz statt.
Ich ergreife das Wort. Die Emotionen sind übermächtig.
Unter den Zuhörern sind Familienmütter, die ihre Söhne
verloren haben, umgebracht durch das Regime.
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"Niemand hat Hodjat seine Würde nehmen können.
Er war ein Widerstandskämpfer, der keine Angst hatte vor
seinen Henkern. Er war ein freier Mensch. Es gibt eine Art, zu
leben und zu sterben, die nicht zum Tod führt." |
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Widerstand der Bürger
Im Internet sind Alarmbotschaften aufgetaucht. Umweltverbände,
Gewerkschafter, politisch Engagierte machen mobil, um für
einen Umweltschützer einzutreten, der Besuch vom Gerichtsvollzieher
erwartet. Es ist wichtig, dass wir da sind, um unsere Solidarität
zu bekunden und an Ort und Stelle die Medien zu orientieren.
Wir folgen diesem Aufruf und wir sind glücklicherweise sehr
zahlreich.
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Dieser Umweltschützer, ein militanter GVO-Gegner, wurde
verurteilt, weil er genmanipulierte Maispflanzen aus der Erde
gerissen hat. |
Die erste Strafe bestand darin, dass er und fünf andere
freiwillige Helfer der Samenfirma Biogema 196'000 Euro Schadenersatz
zahlen sollten.
Wegen einer ähnlichen Aktion wurde er mit sieben Gesinnungsgenossen
dazu verurteilt, dem Unternehmen Pioneer 100'000 Euro zu bezahlen.
Auf das Verlangen dieser Firmen kommt nun ein Gerichtsvollzieher,
um bei ihm zu Hause das Inventar aufzunehmen und sein persönliches
Eigentum zu beschlagnahmen. Wir stehen unten auf der Strasse,
mitten in Paris, vor dem Gebäude, in dem der Umweltschützer
wohnt.
Ich staune über die vielen Leute, die sich am späten
Vormittag die Zeit genommen haben, um hierher zu kommen. Sie
sind oft im Einsatz, es sind unermüdliche Kämpfer gegen
die Ungerechtigkeit.
José Bové kündigt die nächsten Aktionen
an im Rahmen der Beratung des GVO-Gesetzvorschlages im Senat
und in der Nationalversammlung.
Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bürgerwiderstand
auch wieder dabei sein wird. |
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Im Gefängnis von Rennes
Nachdem ich den Bahnhof von Rennes verlassen habe, schlage
ich ohne zu zögern den Weg zum Gefängnis ein, denn
ich habe vor ein paar Jahren dort schon einmal Häftlinge
besucht. Der Direktor, ein junger Mann, empfängt mich freundlich
und sorgt dafür, dass mein Besuch ohne Probleme verläuft.
Im Besuchszimmer treffe ich dann den Mann, der mir schreibt und
den ich seit Jahren nicht gesehen habe. Er ist 82 Jahre alt und
muss noch 6 Jahre in Haft bleiben. Ich habe Mühe zu verstehen,
dass man betagte Leute im Gefängnis lässt.
Er kann seine große Freude, mich zu sehen, nicht unterdrücken.
Und ich bin nicht minder froh, bei zu ihm sein und ihm zuzuhören.
Er spricht von den Demütigungen, denen er Tag für Tag
ausgesetzt ist. Zum ersten Mal in seinem Leben lebt er mit Menschen
zusammen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen worden sind.
Er teilt das Schicksal der Ausgestoßenen.
Er lernt, das Evangelium mit den Augen eines Gefangenen zu lesen.
Das Evangelium von unten gesehen. Er entdeckt begeistert, mit
wie viel Achtung Jesus denen begegnet, die von der Gesellschaft
im Stich gelassen worden sind.
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Nie hat Jesus zu jemandem gesagt: "Das ist nicht schlimm!"
Das würde nur Schuldgefühle wecken. Er sagt: "Steh
auf und geh!"
Jesus hat nicht gesagt: "Ich verzeihe dir deine Sünden"
- das würde selbstgefällig tönen und auch wieder
Schuldgefühle hervorrufen. Er sagt: "Deine Sünden
sind dir vergeben."
Auf dem Weg zurück zum Bahnhof habe ich dann innerlich
diese kleine Melodie des Evangeliums klingen hören. |
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