Logbuch: April 2006

  Unterstützung für das tschetschenische Volk Hinrichtung eines politischen Gefangenen
  Widerstand der Bürger Im Gefängnis von Rennes
 

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Unterstützung für das tschetschenische Volk

Die Demonstration findet vor der russischen Botschaft in Paris statt. Es ist Nacht, es geht ein eiskalter Wind. Die wenigen Passanten scheinen sich für unsere Transparente nicht stark zu interessieren. 

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Ich bin froh, dass die Tschetschenen da sind. Es sind vor allem junge Männer.
Gestern wurden die Tschetschenen als Kollektiv von Stalin als Verräter bezeichnet, heute werden sie von Putin als Terroristen betrachtet.
Mehr als 60 Jahre nach ihrer Deportation durch Stalin im Februar 1944 werden die Tschetschenen immer noch verfolgt.
Die Übergriffe gegen Zivilpersonen werden straflos weiterhin begangen. Die tschetchenische Bevölkerung lebt im Kriegszustand und ist dem Terror ausgesetzt. Es ist allgemein bekannt, aber man nimmt es gleichgültig zur Kenntnis. Ein Volk, das vergessen worden ist.

violation Amnesty International weist regelmäßig auf die massiven Verletzungen der Menschenrechte in Tschetschenien hin.
Ich geselle mich zur Gruppe der Tschetschenen. Es ist eine Freude zu sehen, wie sie miteinander diskutieren, glücklich, unter sich zu sein und sich in ihrer Sprache unterhalten zu können.
Sie nehmen mich gern in ihrem Kreis auf. Dank einem Übersetzer darf ich ein paar Worte an sie richten.
Es sind aufrechte, entschlossene Leute.
 
     
   

Hinrichtung eines politischen Gefangenen

Hodjat Zamani Das unmenschliche Regime der Mullahs im Iran hat im Morgengrauen Hodjat Zamani durch den Strang hingerichtet; er war seit 2001 im Gefängnis.
Als er gehängt wurde, war er 31 Jahre alt. Er hat im Kerker von Gohardacht in der Nähe von Teheran die schlimmsten Torturen erlitten. Aber Hodjat hat sich immer geweigert, sich den Forderungen seiner Schergen zu beugen.
 

Ich kannte seinen Lebenslauf. Ich war beeindruckt von diesem Kämpfer, der sich nicht davor fürchtete, Risiken einzugehen.
Hodjat unterrichtete in den Dörfern Ilams (im Westen des Irans), wo man seine Familie gut kennt.
Schon zwei andere Söhne der Zamanis sind vom iranischen Regime hingerichtet worden.
Obwohl die Angehörigen mehrmals zum Gefängnis gegangen sind, hat man ihnen die Leiche ihres Sohnes nicht ausgehändigt.

Die Nachricht von Hodjats Hinrichtung hat eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Der iranische Widerstand hat in 40 europäischen Städten Europas, Nordamerikas und Australiens Zusammenkünfte organisiert. 

résistance

In Paris findet kurz darauf eine Pressekonferenz statt. Ich ergreife das Wort. Die Emotionen sind übermächtig. Unter den Zuhörern sind Familienmütter, die ihre Söhne verloren haben, umgebracht durch das Regime.

torture "Niemand hat Hodjat seine Würde nehmen können. Er war ein Widerstandskämpfer, der keine Angst hatte vor seinen Henkern. Er war ein freier Mensch. Es gibt eine Art, zu leben und zu sterben, die nicht zum Tod führt." 

   

 

     
   

Widerstand der Bürger

Im Internet sind Alarmbotschaften aufgetaucht. Umweltverbände, Gewerkschafter, politisch Engagierte machen mobil, um für einen Umweltschützer einzutreten, der Besuch vom Gerichtsvollzieher erwartet. Es ist wichtig, dass wir da sind, um unsere Solidarität zu bekunden und an Ort und Stelle die Medien zu orientieren.
Wir folgen diesem Aufruf und wir sind glücklicherweise sehr zahlreich.

maïs transgénique Dieser Umweltschützer, ein militanter GVO-Gegner, wurde verurteilt, weil er genmanipulierte Maispflanzen aus der Erde gerissen hat. 

Die erste Strafe bestand darin, dass er und fünf andere freiwillige Helfer der Samenfirma Biogema 196'000 Euro Schadenersatz zahlen sollten.
Wegen einer ähnlichen Aktion wurde er mit sieben Gesinnungsgenossen dazu verurteilt, dem Unternehmen Pioneer 100'000 Euro zu bezahlen.

Auf das Verlangen dieser Firmen kommt nun ein Gerichtsvollzieher, um bei ihm zu Hause das Inventar aufzunehmen und sein persönliches Eigentum zu beschlagnahmen. Wir stehen unten auf der Strasse, mitten in Paris, vor dem Gebäude, in dem der Umweltschützer wohnt.
Ich staune über die vielen Leute, die sich am späten Vormittag die Zeit genommen haben, um hierher zu kommen. Sie sind oft im Einsatz, es sind unermüdliche Kämpfer gegen die Ungerechtigkeit.

José Bové kündigt die nächsten Aktionen an im Rahmen der Beratung des GVO-Gesetzvorschlages im Senat und in der Nationalversammlung.
Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bürgerwiderstand auch wieder dabei sein wird.
 

actions

   

 

     
   

Im Gefängnis von Rennes

Nachdem ich den Bahnhof von Rennes verlassen habe, schlage ich ohne zu zögern den Weg zum Gefängnis ein, denn ich habe vor ein paar Jahren dort schon einmal Häftlinge besucht. Der Direktor, ein junger Mann, empfängt mich freundlich und sorgt dafür, dass mein Besuch ohne Probleme verläuft.
Im Besuchszimmer treffe ich dann den Mann, der mir schreibt und den ich seit Jahren nicht gesehen habe. Er ist 82 Jahre alt und muss noch 6 Jahre in Haft bleiben. Ich habe Mühe zu verstehen, dass man betagte Leute im Gefängnis lässt.
Er kann seine große Freude, mich zu sehen, nicht unterdrücken. Und ich bin nicht minder froh, bei zu ihm sein und ihm zuzuhören. Er spricht von den Demütigungen, denen er Tag für Tag ausgesetzt ist. Zum ersten Mal in seinem Leben lebt er mit Menschen zusammen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen worden sind. Er teilt das Schicksal der Ausgestoßenen.
Er lernt, das Evangelium mit den Augen eines Gefangenen zu lesen. Das Evangelium von unten gesehen. Er entdeckt begeistert, mit wie viel Achtung Jesus denen begegnet, die von der Gesellschaft im Stich gelassen worden sind.

léve-toi et marche

Nie hat Jesus zu jemandem gesagt: "Das ist nicht schlimm!" Das würde nur Schuldgefühle wecken. Er sagt: "Steh auf und geh!"
Jesus hat nicht gesagt: "Ich verzeihe dir deine Sünden" - das würde selbstgefällig tönen und auch wieder Schuldgefühle hervorrufen. Er sagt: "Deine Sünden sind dir vergeben."

Auf dem Weg zurück zum Bahnhof habe ich dann innerlich diese kleine Melodie des Evangeliums klingen hören.