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Ein Arzt im Hungerstreik
- Dr. Michele d'Auria, der Arzt der
Obdachlosen, ist im Gebäude der Hilfsorganisation Droit
au logement in den Hungerstreik getreten, um gegen seinen von
der Ärztekammer durchgesetzten Ausschluss zu protestieren.
Er ist Italiener, 48 Jahre alt.
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Er war nach Frankreich geflüchtet, weil er in Italien Opfer
eines Justizirrtums geworden war; zehn Jahre lang hat er darauf
in Frankreich unter einem anderen Namen als Arzt praktiziert.
Aus diesen Gründen reichte die Ärztekammer gegen ihn
Klage ein.
Die französischen Gerichtsbehörden haben keinen einzigen
der von der Ärztekammer vorgebrachten Anklagepunkte gelten
lassen und beschlossen, zugunsten von Dr. d'Auria nicht auf das
Verfahren einzutreten.
Trotz diesem Gerichtsbeschluss hält die Ärztekammer
an ihrer Haltung fest, sodass Michele d'Auria seinen Beruf nicht
ausüben kann.
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In dieser verfahrenen Situation hat
er sich für einen Hungerstreik entschieden. Eine Pressekonferenz
hat bei ihm stattgefunden, an der auch Abbé Pierre anwesend
war. Michele war sein Arzt gewesen. Abbé Pierrre sagte
zu ihm: «Früher sind Sie zu mir gekommen, um mich
zu behandeln. Jetzt komme ich zu Ihnen!» |
Ich kenne Michele seit Jahren. Er ist ein Freund. Er hat keine
Mühe gescheut, um den Sans-papiers und vor allem auch den
Hungerstreikenden der Kirche St-Bernard beizustehen. Heute werden
die Armen bestraft, indem sie ihres Arztes beraubt werden.
Die Tage vergehen. Die Ärztekammer lässt nicht mit
sich sprechen. Aber Michele lässt sich nicht unterkriegen.
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Ende der Winterpause
Wie jedes Jahr um diese Zeit ist auf dem Place de la République
in Paris eine Demonstration vorgesehen, damit keine Familien
mehr aus Wohnungen vertrieben werden ohne Aussicht auf eine Ersatzwohnung.
Nach dem 15. März droht nämlich Tausenden von Familien
dieses Schicksal.
Für mich bedeutet es auch das Wiedersehen mit den Sans-papiers
und mit Männern und Frauen, die in den Hilfsorganisationen
aktiv sind. Sie bleiben am Ball, kämpfen weiter. Wir sind
wie eine große Familie. Es macht mir Freude, den temperamentvollen
Tamtamspielern zuzusehen.
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Die Präfekten haben im Jahr 2003 die Vertreibung von
21 500 Familien angeordnet, davon 14 800 im Gebiet der Ile de
France. 2004 wurden die Vertreibungen ohne Neuunterbringung massiv
fortgesetzt. Etwa 100 000 solcher Beschlüsse werden jedes
Jahr gefällt, sozusagen am Fließband, ohne dass auf
die prekäre Lage der Familien Rücksicht genommen wird.
Heime und Hotels sind voll. Die «Schlafhändler»
machen Geld. Immer mehr Menschen wohnen bei ihren Verwandten
oder Freunden.
Zum Glück gibt es immer mehr Leute, die sich wehren.
Die Bewohner organisieren sich, wie zum Beispiel die «1000
de Cachan», die sich weigern, das Haus zu verlassen, das
sie, weil es leer stand, besetzt hatten.
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Sie sind beim Demonstrationszug dabei und tragen stolz ein
großes Transparent vor sich her, das Zeichen ihrer Entschlossenheit. |
Manchmal gibt es einen Sieg zu verzeichnen. Familien, die aus
ihrer schlimmen Lage gerettet werden, ihre elende Behausung verlassen
und in eine anständige Wohnung ziehen können. Gemeinsame
Aktionen, Solidarität und Entschlossenheit vermögen
auch die Mächtigsten zum Einlenken zu bringen. |
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Abgesagte Demonstration
Die französische Regierung hat dem Druck der Mullahs
nachgegeben und eine friedliche Demonstration verboten, die in
Paris hätte stattfinden sollen. 60 Vereinigungen und 250
Parlamentarier und Politiker von ganz Europa hatten ihr Einverständnis
gegeben. Es wurden Iraner aus verschiedenen Ländern erwartet.
Diese absolut legale Veranstaltung sollte zu einem demokratischen
Wechsel im Iran aufrufen.
Nicht nur Paris, auch Berlin hat dem Druck aus Teheran
nachgegeben. Die Zusammenkunft von 40 000 Iranern ist verboten
worden. Ein schwarzer Tag für die Demokratie und die Meinungsfreiheit!
Glücklicherweise hat die Justiz über die wirtschaftlichen
Interessen gesiegt. Ei Berliner Gericht erklärte dieses
Verbot als widerrechtlich. Die Staatsräson musste sich der
Gerechtigkeit beugen.
In Paris fand im Zusammenhang mit diesem Demonstrationsverbot
eine Pressekonferenz statt. Ich freue mich, an der Seite von
Louis Richard Lumumba zu sein, dem Bruder des ermordeten Premierministers
des Kongo.
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Wir protestieren zusammen gegen die Missachtung des Demonstrationsrechts
und besonders gegen die Haltung der französischen Regierung,
welche die demokratischen Prinzipien wirtschaftlichen Interessen
opfert. Wenn es um die Menschenrechte geht, ist kein Kuhhandel
erlaubt. |
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Platz für die Behinderten
Im Palais des Congrès von
Paris findet ein Galaabend statt, an dem Personen ausgezeichnet
werden sollen, die sich für die Wiedereingliederung der
Behinderten in die Gesellschaft einsetzen.
Der große Saal ist voll, viel Prominenz ist dabei.
Auf Bildschirmen werden die verschiedenen Initiativen gezeigt,
die von einer Gemeinde, einer Schule oder Firma unternommen wurden,
um die Behinderten besser zu integrieren. Sie selber ergreifen
auch das Wort. Indem man einander die Hand reicht, werden die
Unterschiede zur bereichernden Quelle.
Das Publikum applaudiert begeistert.
Ich selber spüre, dass ich die
Behinderten von jetzt an mit andern Augen betrachten sollte.
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Es genügt nicht, dass man ihnen
Platz macht. Es geht darum, dass sie selbst ihren Platz einnehmen,
auf ihre Art, aber ohne Abstriche. Sich nicht damit zufrieden
geben, ihnen zu helfen, sondern von ihnen lernen. Wir haben noch
einen langen Weg vor uns, bis die Behinderten als vollwertige
Bürger betrachtet werden! |
Aber heute im Palais des Congrès
können sie feiern und mit einer gewissen Zuversicht in die
Zukunft schauen. |