Logbuch: April 2005

  Ein Arzt im Hungerstreik Ende der Winterpause
  Abgesagte Demonstration  Platz für die Behinderten
 

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Ein Arzt im Hungerstreik

Dr. Michele d'Auria, der Arzt der Obdachlosen, ist im Gebäude der Hilfsorganisation Droit au logement in den Hungerstreik getreten, um gegen seinen von der Ärztekammer durchgesetzten Ausschluss zu protestieren. Er ist Italiener, 48 Jahre alt.
 

solidarité avec Michele d'Auria 

Er war nach Frankreich geflüchtet, weil er in Italien Opfer eines Justizirrtums geworden war; zehn Jahre lang hat er darauf in Frankreich unter einem anderen Namen als Arzt praktiziert. Aus diesen Gründen reichte die Ärztekammer gegen ihn Klage ein.
Die französischen Gerichtsbehörden haben keinen einzigen der von der Ärztekammer vorgebrachten Anklagepunkte gelten lassen und beschlossen, zugunsten von Dr. d'Auria nicht auf das Verfahren einzutreten.
Trotz diesem Gerichtsbeschluss hält die Ärztekammer an ihrer Haltung fest, sodass Michele d'Auria seinen Beruf nicht ausüben kann.

In dieser verfahrenen Situation hat er sich für einen Hungerstreik entschieden. Eine Pressekonferenz hat bei ihm stattgefunden, an der auch Abbé Pierre anwesend war. Michele war sein Arzt gewesen. Abbé Pierrre sagte zu ihm: «Früher sind Sie zu mir gekommen, um mich zu behandeln. Jetzt komme ich zu Ihnen!» 

Ich kenne Michele seit Jahren. Er ist ein Freund. Er hat keine Mühe gescheut, um den Sans-papiers und vor allem auch den Hungerstreikenden der Kirche St-Bernard beizustehen. Heute werden die Armen bestraft, indem sie ihres Arztes beraubt werden.
Die Tage vergehen. Die Ärztekammer lässt nicht mit sich sprechen. Aber Michele lässt sich nicht unterkriegen.
     
   

Ende der Winterpause

Wie jedes Jahr um diese Zeit ist auf dem Place de la République in Paris eine Demonstration vorgesehen, damit keine Familien mehr aus Wohnungen vertrieben werden ohne Aussicht auf eine Ersatzwohnung. Nach dem 15. März droht nämlich Tausenden von Familien dieses Schicksal.
Für mich bedeutet es auch das Wiedersehen mit den Sans-papiers und mit Männern und Frauen, die in den Hilfsorganisationen aktiv sind. Sie bleiben am Ball, kämpfen weiter. Wir sind wie eine große Familie. Es macht mir Freude, den temperamentvollen Tamtamspielern zuzusehen.

militants d'associations 

Die Präfekten haben im Jahr 2003 die Vertreibung von 21 500 Familien angeordnet, davon 14 800 im Gebiet der Ile de France. 2004 wurden die Vertreibungen ohne Neuunterbringung massiv fortgesetzt. Etwa 100 000 solcher Beschlüsse werden jedes Jahr gefällt, sozusagen am Fließband, ohne dass auf die prekäre Lage der Familien Rücksicht genommen wird.
Heime und Hotels sind voll. Die «Schlafhändler» machen Geld. Immer mehr Menschen wohnen bei ihren Verwandten oder Freunden.

Zum Glück gibt es immer mehr Leute, die sich wehren. Die Bewohner organisieren sich, wie zum Beispiel die «1000 de Cachan», die sich weigern, das Haus zu verlassen, das sie, weil es leer stand, besetzt hatten.

relogement Sie sind beim Demonstrationszug dabei und tragen stolz ein großes Transparent vor sich her, das Zeichen ihrer Entschlossenheit. 


Manchmal gibt es einen Sieg zu verzeichnen. Familien, die aus ihrer schlimmen Lage gerettet werden, ihre elende Behausung verlassen und in eine anständige Wohnung ziehen können. Gemeinsame Aktionen, Solidarität und Entschlossenheit vermögen auch die Mächtigsten zum Einlenken zu bringen.

   

 

     
   

Abgesagte Demonstration

Die französische Regierung hat dem Druck der Mullahs nachgegeben und eine friedliche Demonstration verboten, die in Paris hätte stattfinden sollen. 60 Vereinigungen und 250 Parlamentarier und Politiker von ganz Europa hatten ihr Einverständnis gegeben. Es wurden Iraner aus verschiedenen Ländern erwartet. Diese absolut legale Veranstaltung sollte zu einem demokratischen Wechsel im Iran aufrufen.

résistence iraniens 

Nicht nur Paris, auch Berlin hat dem Druck aus Teheran nachgegeben. Die Zusammenkunft von 40 000 Iranern ist verboten worden. Ein schwarzer Tag für die Demokratie und die Meinungsfreiheit!
Glücklicherweise hat die Justiz über die wirtschaftlichen Interessen gesiegt. Ei Berliner Gericht erklärte dieses Verbot als widerrechtlich. Die Staatsräson musste sich der Gerechtigkeit beugen.
In Paris fand im Zusammenhang mit diesem Demonstrationsverbot eine Pressekonferenz statt. Ich freue mich, an der Seite von Louis Richard Lumumba zu sein, dem Bruder des ermordeten Premierministers des Kongo.

dénoncer la violation Wir protestieren zusammen gegen die Missachtung des Demonstrationsrechts und besonders gegen die Haltung der französischen Regierung, welche die demokratischen Prinzipien wirtschaftlichen Interessen opfert. Wenn es um die Menschenrechte geht, ist kein Kuhhandel erlaubt. 

   

 

     
   

Platz für die Behinderten

Im Palais des Congrès von Paris findet ein Galaabend statt, an dem Personen ausgezeichnet werden sollen, die sich für die Wiedereingliederung der Behinderten in die Gesellschaft einsetzen.
Der große Saal ist voll, viel Prominenz ist dabei.
Auf Bildschirmen werden die verschiedenen Initiativen gezeigt, die von einer Gemeinde, einer Schule oder Firma unternommen wurden, um die Behinderten besser zu integrieren. Sie selber ergreifen auch das Wort. Indem man einander die Hand reicht, werden die Unterschiede zur bereichernden Quelle.
Das Publikum applaudiert begeistert.

Ich selber spüre, dass ich die Behinderten von jetzt an mit andern Augen betrachten sollte.

apprendre d'eux Es genügt nicht, dass man ihnen Platz macht. Es geht darum, dass sie selbst ihren Platz einnehmen, auf ihre Art, aber ohne Abstriche. Sich nicht damit zufrieden geben, ihnen zu helfen, sondern von ihnen lernen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis die Behinderten als vollwertige Bürger betrachtet werden! 

Aber heute im Palais des Congrès können sie feiern und mit einer gewissen Zuversicht in die Zukunft schauen.