Logbuch: März 2005

  In Rom  Fest des hl. Vinzenz, Patron der Winzer
  In Toulouse  Neue Kleider für Partenia 
 

PARTENIA



Logbuch

Bibel

RŸckblick

Link

Geschichte

Archiv

Buecher

send email

In Rom

cardinal Re In der Weihnachtszeit wurde ich durch eine brüderliche Einladung des Präfekten für die Kongregation der Bischöfe überrascht. «Wenn Sie es wünschen», präzisierte er. 

Ich hatte seit neun Jahren keine Würdenträger vom Vatikan mehr getroffen. Der Kardinal empfing mich und sprach etwa drei Viertelstunden mit mir; die Atmosphäre war herzlich. Diese Kontaktaufnahme war das Einzige, was man erwarten konnte. Es war unsere erste Begegnung überhaupt.
Er hatte mein Buch «Carnets de route» (deutscher Titel: Machtlos, aber frei) erhalten und einer seiner Mitarbeiter, der es gelesen hatte, hatte ihm gesagt: «Dieses Buch enthält einige außergewöhnliche Gedankenanstöße!».
Der Kardinal zeigte sich überrascht, dass ich als Bischof von Partenia einen glücklichen Eindruck machte. Was ihn beschäftigte, war vor allem meine Beziehung zu den Bischöfen.

Kardinal Etchegaray sowie der französische Botschafter im Vatikan waren sehr erfreut über das Zustandekommen dieser Begegnung. 

cardinal Etchegaray


Sicher ein notwendiger Schritt. Ein Beweis dafür, dass gemeinschaftliche Bande bestehen.
     
   

Fest des hl. Vinzenz, Patron der Winzer

Für die Weinbauern in der Gegend von Reims ist das Fest am 22. Januar etwas sehr Wichtiges. Die Bevölkerung hängt an dieser Tradition. Und heuer fiel das Fest auf einen sonnigen Samstag.

fête traditionnelle 

Ich sollte der Feier vorstehen und nahm zunächst am Frühstück der Winzer teil. Zu essen und zu trinken gab es mehr als genug, und ich staunte über die Fähigkeit dieser Männer, schon morgens Champagner und Rotwein zu trinken.
Mach dem traditionellen Umzug - die Winzer tragen ihre Tracht - drängt die Menge in die große Kirche. Im Chor befindet sich die Gruft eines berühmten Mannes: Dom Pérignon, der Begründer dieser Weintradition. Es ist eine freudige und sinnerfüllte Feier.

célébration 

Dann begibt sich die Bevölkerung ins wunderschöne Kelterhaus im Garten der Abtei. Überall stoße ich auf Menschen, die sich freuen, mit mir reden zu können und den Fotoapparat zu zücken.
Dann setzen wir uns zu Tisch. Es herrscht ein Stimmengewirr und die Stimmung könnte nicht besser sein. Ein Wunder zu Kanaa wäre hier bestimmt nicht nötig!

   

 

     
   

In Toulouse

Als ich mich in Toulouse aufhielt, ließ mir die Obdachlosenvereinigung mitteilen, ich solle sie aufsuchen. Sie hatten sich in einem Zelt in der Nähe des Totendenkmals im Stadtzentrum eingerichtet.
Etwa zehn Personen erwarten mich dort; es schneit und es weht ein eiskalter Wind. Eine gute Stunde höre ich ihnen zu. Es wurde ihnen verunmöglicht, unter der Brücke der Garonnette für die Nacht Zuflucht zu suchen. Die Gemeinde hat dort Metallpfosten montieren lassen, die sie daran hindern, sich hinzulegen. Man hat ihnen die Brücke weggenommen.
Ihr Wortführer zeigt auf eine Bushaltestelle in der Nähe: «Statt drei Plätzen sind dort nur mehr zwei, man kann sich dort nicht mehr hinlegen. Man spürt, dass sie uns vom Stadtzentrum vertreiben wollen.".

refuge 

Vor kurzem fand hier in Toulouse die pompöse Einweihung des größten Flugzeugs der Welt statt, des Airbus A 380. Aber um gegen das Elend anzukämpfen, fehlen die Mittel.
Es ist sicher keine Imagepflege für die Stadt, wenn die Obdachlosen aus dem Stadtzentrum vertrieben werden.

   

 

     
   

Neue Kleider für Partenia

10 Jahre, das muss gefeiert werden. Das Gewerkschaftshaus in Paris ist bald voll: Aus ganz Frankreich sind die Leute gekommen, aus Belgien, Luxemburg, Deutschland, aus der Schweiz, aus Italien, die Sans-papiers sind auch vertreten, Basken, Iraner...

10 ans  

Gläubig oder nicht, man freut sich und feiert gemeinsam. Die Grenzen sind nicht mehr klar erkennbar. Wir erkennen rückblickend, wie uns die Ereignisse im Januar 1995 aufgerüttelt haben und zu zukunftsträchtigen Engagements Anlass gegeben haben.

la fête 

Schon zehn Jahre! Es ist vor allem das Fest des Volkes von Partenia. Es berührt mich, mitten unter diesen Menschen zu sein, deren Gesichter ich wiedererkenne. Ich denke an den Titel meines ersten Buches: «Ils m'ont donné tant de bonheur» («... sie haben mich so glücklich gemacht»).

peuple de Partenia 

Plötzlich betritt jemand den Saal, der von seinen Eltern gestützt wird. Er hat die Erlaubnis bekommen, kurz das Krankenhaus zu verlassen, denn dieses Partenia-Treffen wollte er unbedingt miterleben. Seit Wochen sind seine Augen geschlossen und seine Worte werden je länger, desto undeutlicher. Und nun scheint ihn plötzlich eine unglaubliche Energie zu beseelen, er kann sich aufrecht halten und in absoluter Stille ganz deutliche Worte sprechen. Eine Botschaft der Hoffnung. Eine Botschaft, die einen auf die Zukunft hin öffnet. -
Jedesmal wenn ich ihn im Krankenhaus besuche, spricht er von diesem großen Moment am Partenia-Tag.

message d'espoir 

Diese Zusammenkunft am 15. Januar war für alle ein ganz besonderes, prägendes Ereignis.