carnet de route
 
Die Opfer der französischen Nuklearversuche  
Beim Vermittler der Republik  
Ein historischer Sieg  
Ort des Lebens  
   
   
Die Opfer der französischen Nuklearversuche  
   
In Anwesenheit des Präsidenten der AVEN (Vereinigung der Opfer der Nuklearversuche) findet zu diesem Thema eine Pressekonferenz statt. Viele Leute.
Frankreich hat 210 Atomversuche unternommen, davon 50 in der Atmosphäre, sowohl in der algerischen Sahara als auch in Französisch-Polynesien. 40 Jahre später haben die Opfer (Militär- und Zivilpersonen) vom Staat immer noch keine Entschädigung erhalten.
 
   
protester contre les essais nucléaires
 
   
Ich bin zweimal nach Polynesien gereist (1989 und 1995), insbesondere mit Greenpeace nach Mururoa, um gegen die Nuklearversuche zu protestieren.  
   
Der radioaktive Niederschlag ist über die ganze polynesische Inselgruppe niedergegangen, mit schlimmen Folgen sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt. Ich habe es in Papeete (Tahiti) feststellen können: Ich traf dort Opfer, die von Krebserkrankungen befallen waren oder keine Kinder mehr haben konnten. Ich habe vor allem missgebildete Kinder gesehen. Es war ein Schock.
Nichtsdestoweniger wiederholt der Verteidigungsminister immer wieder, die Nuklearversuche seien
“sauber” gewesen und ohne irgendwelche Folgen.
Nennt man so etwas nicht Desinformation, eine
«Staatslüge»?
An der Pressekonferenz wird die Schaffung eines Opferhilfekomitees «Vérité et Justice» (“Wahrheit und Gerechtigkeit”) angekündigt:
 
- Es soll über ein neues Gesetz abgestimmt werden, das die Behandlung der Langzeitfolgen für Mensch und Umwelt ermöglicht.
 
- Ein Entschädigungsfonds soll eingerichtet werden.
- Öffnung der geheimen Archive betreffend die Versuche.
Es ist ein langer Kampf, der ohne die Unterstützung der öffentlichen Meinung nicht geführt werden kann.
 
   
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Beim Vermittler der Republik  
   
Unweit der Place de la Concorde wird eine Delegation von Sans-papiers von Lille und Paris in einem schönen herrschaftlichen Stadthaus vom Vermittler der Republik empfangen. Bei ihm befinden sich sein Kabinettschef und der Generalsekretär des Pariser Berufungsgerichts. Ich bin zum ersten Mal hier. Ich habe Gelegenheit, herauszufinden, was die mögliche Rolle eines Mediators ist!
Zwei Stunden lang dauert das Ganze, aber die Zeit vergeht wie im Flug. Der Vermittler ist ein Mann, bei dem sich der Gesprächspartner wohl fühlt; er versteht es, zuzuhören und seine nächsten Schritte anzukündigen.
 
   
Was die Dossiers betrifft, so ist die Situation bei den Präfekturen von Lille und von Paris blockiert. Der Mediator verspricht einzugreifen, damit die Verantwortlichen über die Bücher gehen und bei der Prüfung der Unterlagen das Arbeitskriterium berücksichtigen.
blocage
 
   
Die Delegierten der Sans-papiers können jederzeit wieder zu ihm kommen, er wird sie problemlos empfangen.  
   
partager la joie Nach diesem Treffen trinken wir noch etwas in einem Café in der Nähe. Die Delegierten sind erfreut. Es ist das erste Mal, dass sie den Eindruck haben, von einer kompetenten Amtsperson ernst genommen worden zu sein: «Das weckt die Lust, ihn wieder zu sehen!»
 
holder
 
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Ein historischer Sieg  
   
OMPI Durch ein britisches Berufungsgerichtsurteil wurde die OMPI (Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran) von der Liste der Terrororganisationen entfernt. Es wird darin festgehalten, dass diese Organisation nicht in den Terrorismus involviert ist.
 
   
Seit 2002 hatte man ihr diese Etikette angehaftet, was verschiedenen Staaten das Recht zu geben schien, eine dem Regime von Teheran genehme Politik zu machen.
Renommierte Juristen und Parlamentarier mussten jahrelang kämpfen bis zu diesem ersten Sieg. Aber es ist ein entscheidender Sieg!
Jetzt ist es am Europarat, die OMPI von der Terroristenliste zu streichen.
 
   
In Auvers-sur-Oise wird aber jetzt schon gefeiert. Dieses 30 Kilometer von Paris gelegene Städtchen war nicht nur die Wiege der Impressionisten mit Cézanne, Pissarro oder Van Gogh, es ist auch – seit zwanzig Jahren schon – der Hauptsitz des iranischen Widerstandes mit seiner gewählten Präsidentin Maryam Rajavi an der Spitze.
résistance iranienne
 
   
Die Mudschaheddin in Auvers-sur-Oise verbergen ihre Freude nicht, wie übrigens alle andern Iraner auch, die davon träumen, dass eines Tages in ihrem Land demokratische Verhältnisse herrschen.
Neben mir: Ein würdiger englischer Lord und der joviale Bürgermeister von Auvers. Während wir den Ausführungen der Präsidentin folgen, sehen wir auf einem riesigen Bildschirm mit Satellitenübertragung, was in London und im Irak passiert (Achraf, wo 20’000 iranische Regimegegner leben).
Nach dieser langen dunklen Periode freue ich mich mit den Mudschaheddin über ihren Sieg.
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
 
   
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Ort des Lebens  
   
Bourse du travail Der Nachmittag war schon weit fortgeschritten, als ich mit der Metro wie gewohnt zum Gewerkschaftshaus fuhr, wo die afrikanischen Sans-papiers sind. Auf der Straße verteilt einer von ihnen ein Flugblatt, um über ihren Kampf zu informieren: «38. Tag der Besetzung des Gewerkschaftshauses. Mehr als 800 isolierte Sans-papiers-Arbeiter führen einen beispielhaften Kampf. Kommt zu uns, macht mit!»
Die Außenmauern des Gebäudes sind mit Gesichtern tapeziert: Jeder Afrikaner ist auf dem Foto mit einem Franzosen oder einer Französin abgebildet, der/die seine/ihre Identitätskarte präsentiert. Es soll ein Zeichen der Solidarität sein, wie auch die Forderung nach Papieren für diejenigen, die keine haben.
 
   
Ich höre laute, rhythmische Musik, bei der man Lust bekommt zu tanzen. Auf der Straße vor dem Eingang führen junge Afrikaner einen bezaubernden Tanz auf. Ein faszinierendes Schauspiel!
Sissoko, der Wortführer der Bewegung, fordert mich auf, ihm in den Innenhof zu folgen. Dort sitzen Afrikaner auf dem Boden und essen den Couscous, den die Frauen zubereitet haben. Es sind etwa zehn. Sie tragen lange, farbige Kleider und sind an den Kochtöpfen beschäftigt, glücklich, diese so köstlich duftende Nahrung verteilen zu können. Sie lassen nicht locker, bis auch ich einen mit Gemüse und Couscous gefüllten Teller in Empfang nehme.
Ich erinnere mich, wie mich am Anfang der Besetzung einmal ein Angolaner zum Gewerkschaftshaus begleitet hatte, um sich ein Bild über die Situation zu machen. Mit Bestürzung hatte er dort die eingepferchten, verängstigten Afrikaner gesehen, die sich zum Schlafen im Freien auf Pappkartons legten.
 
   
Heute sieht es aber ganz anders aus: Sie haben Zugang zu den großen Sälen, wo sie schlafen können, mit einem Raum, der den Frauen und Kindern vorbehalten ist. Alles ist sauber und gut organisiert. Die Hoffnung ist zurückgekehrt.
Es ist unglaublich, aber sie haben es geschafft, aus diesem Ort der Besetzung einen Ort des Lebens zu machen. Sissoko ist offensichtlich glücklich, aber er fügt hinzu:
«All das gibt uns noch keine Papiere!»
lieu de vie