Fragen der Zeit
 
Die unter schockierenden Umständen erfolgte Hinrichtung Saddam Husseins durch den Strang hat die Diskussion über die Todesstrafe wieder aufflammen lassen. Besteht Hoffnung, dass diese eines Tages überall abgeschafft sein wird?
 
   
porte noir Das ist mein Traum. Wenn er wahr wird, wird die ganze menschliche Familie Grund zum Feiern haben. Das wäre ein Zeichen dafür, dass die Menschheit eine entscheidende Schwelle überschritten hat, sie wird sich aus dem Teufelskreis von Rache und Strafe befreit haben. Die Würde des Menschen bleibt, was er auch getan haben mag, er ist größer als seine Verbrechen.
Wie soll man einer Justiz vertrauen, die tötet? Saddams Husseins Hinrichtung ist von der internationalen Gemeinschaft weitgehend missbilligt worden.
 
   
Immer mehr Staaten schaffen die Todesstrafe ab. Der Kampf ist noch lange nicht zu Ende, denken wir nur an China, an den Iran, an die Vereinigten Staaten von Amerika.
contre peine de mort
 
   
Die katholische Kirche in Polen ist durch den überraschenden Rücktritt des Erzbischofs von Warschau, der der Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Regime angeklagt war, in Aufruhr versetzt worden. Die Kirche wird von ihrer Vergangenheit eingeholt. Wie reagieren Sie darauf?  
 
Eglise en Pologne Ich hatte immer nur Rühmliches gehört über die Kirche in Polen. Sie sei dynamisch, engagiert, mutig, geeint, sehr romtreu. Eine selbstsichere Kirche. Und nun stürzt diese Kirche von ihrem Sockel und muss der Wahrheit ins Gesicht schauen. Diese Wahrheit wird sie frei machen. Aber bis dahin ist es noch ein beschwerlicher Weg. Und dieser Weg wird sie verwandeln.
 
   
Die feierliche Hommage, mit der die GERECHTEN geehrt wurden, die in Frankreich während der deutschen Besetzung Juden gerettet haben, war ein großes Ereignis. Ist es Ihrer Ansicht nach auch ein zukunftsweisendes Ereignis?  
   
hommage aux Juste de France Zweifellos, ja. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass so viele Frauen und Männer in Frankreich unter Gefährdung des eigenen Lebens Juden aufgenommen, versteckt und gerettet haben! Sie taten es, weil sie überzeugt waren, dass man es tun musste. Aus Solidarität mit menschlichen Wesen.
Wie es der Staatschef mit Recht im Pantheon ausdrückte: «Was wir im Spiegel, den uns jedes menschliche Antlitz vorhält, sehen müssen, ist nicht sein Unterschied, sondern das, was ihn ihm universell ist.»
voir dans le miroir