carnet de route
 
Goldene Hochzeit  
Kampf der Sans-papiers  
Vertrauen ins Leben  
Botschaft für den Frieden  
   
   
Goldene Hochzeit  
   
Für dieses Ehepaar ist es ein großes Ereignis, zu dessen Feier mitten im Sommer Verwandte und Freunde zusammengeströmt sind. Die Jubilare müssen ihr Glück mit jemandem teilen. Das Fest kann beginnen!
Ich bin erstaunt über die vielen Leute, wahrscheinlich sind es mehr als damals vor 50 Jahren bei ihrer Hochzeit. Vom Rathaus geht’s zur Kirche, dann in den überdachten Schulhof für den Aperitif. Ich bleibe auch zum Abendessen, was ich sonst selten tue.
Überall freudige Gesichter. Da sind getrennte Paare, Geschiedene, Wiederverheiratete, all die Varianten, die wir alle kennen, denn wir alle haben Verwandte oder Bekannte, deren Lebensumstände vergleichbar sind.
Heute wird das Leben nicht mehr als Ganzes, sondern als eine Serie verschiedener Episoden gelebt, wobei jede einzelne Phase für sich selbst vollwertig ist. Man ist bestrebt, sich selbst zu verwirklichen, ein möglichst glückliches Leben zu führen und das ohne zu warten. Die Konformität wird zu Gunsten der Authentizität vernachlässigt.
Die goldene Hochzeit feiern, ist das nicht wie gegen den Strom schwimmen, gegen die moderne Mentalität handeln? Ich denke nicht.
 
   
amoureux Man braucht sich doch nur die beiden Stars des heutigen Tages anzusehen. Ich finde sie entzückend. Und sie scheinen immer noch ineinander verliebt zu sein. Zuvorkommend, auf den andern Rücksicht nehmend. Ihre Liebe hat der Prüfung der Zeit standgehalten. Sie ist tiefer als früher. Wo Liebe herrscht, kommt man sehr weit.
Haben sie vielleicht ein Geheimnis? Im Lauf der Jahre haben sie immer miteinander gesprochen und haben gelernt, einander zu verzeihen.
Nach 50 Jahren sind sie ein lebendiges Zeugnis für die Kraft der Liebe; sie sind für viele ein Segen.
 
   
haute en page  
   
Kampf der Sans-papiers  
   
grève de la faim 56 von ihnen sind im Hungerstreik. Es sind Maghrebiner, Leute aus Guinea, Thailand. Der Schauplatz ist Lille, genauer gesagt der Hof vor dem Gewerkschaftshaus. Ich besuche sie auf den Wunsch des Unterstützungskomitees hin. Ich höre ihnen zu. Für mich ist es ein bedeutsamer Moment. Sie liegen auf ihren Schlafsäcken unter großen Zeltplanen: Mehrere Wochen hat nun der Hungerstreik schon gedauert, sie machen auf mich einen sehr geschwächten Eindruck.
 
   
Nachdem die Präfektur ihre Versprechen nicht gehalten hatte, haben sie diese für ihre Gesundheit so folgenschwere Entscheidung getroffen. In jedem Zelt soll ich mich für ein Foto in die Mitte der Gruppe setzen. Wir sitzen eng beieinander. Ihre Augen leuchten.
Ich verlasse sie, um bei der Demonstration auf dem Place de la République mitzumachen, gleich gegenüber der Präfektur.
Unterwegs nähert sich mir ein Kabyle: «Erkennen Sie mich wieder? 2003 war ich im Hungerstreik. Sie haben uns besucht. Ich weiß noch, wie mir die Tränen gekommen sind. Heute habe ich die Papiere, ich habe Arbeit. Jetzt ist es an mir, den andern zu helfen.» Als Antwort umarme ich ihn.
 
   
manifestation Die Sonne scheint heiß auf den Platz. Die Afrikaner machen Stimmung, Tamtamklänge sind zu hören, es ertönen Protestgesänge, die Frauen und die Kinder tanzen. Tanz und Gesang: Elemente, die zu ihrem Kampf gehören. – Und dann kam der Sturm, der sich schon lange angekündigt hatte.
 
   
Bei Tagesanbruch vertrieben die Ordnungskräfte die Sans-papiers aus dem Gewerkschaftshaus. Sie wurden auf verschiedene Zentren verteilt: Lille, Toulon, Rennes, Bordeaux. Etwa zehn von ihnen kamen ins Krankenhaus, andere in Polizeigewahrsam.
Schließlich aber beschloss das Gericht ihre Freilassung. Ein Rückschlag für den Präfekten.
Der Kampf geht weiter. Tägliche Repression, wie gehabt. Der Präfekt scheint die Kraft der Schwachen nicht zu kennen.
 
holder
 
haute en page  
   
Vertrauen ins Leben  
   
Wie jedes Jahr verbrachte ich auch heuer einige Tage mit Schweigen und Gebet in einer Benediktinerabtei. Im Klosterhof begegnete ich einem Mann, der offensichtlich mit mir reden wollte. Eine von diesen unverhofften Begegnungen, die wir immer wieder erleben.
silence et prière
 
   
Auch er verbrachte drei Tage im Kloster, zum ersten Mal in seinem Leben. Ein junger Familienvater und Firmenchef, der das Bedürfnis verspürt hatte, für ein paar Tage zur Ruhe zu kommen, zu sich selber zu finden. Wie schwer ist es doch in der heutigen Gesellschaft, sich zu entfalten, seinen Weg zu gehen, menschlich zu wachsen! So vieles lastet auf dem Individuum, der Einzelne ist sich selber überlassen, muss mit seiner Einsamkeit selber fertig werden.  
   
aller son chemin Der Mann, der mir hier gegenüberstand, wusste um seine Zerbrechlichkeit. Es ist eine Zerbrechlichkeit, die ihn offen macht für die Bedürfnisse der andern. Die Stille während den Mahlzeiten beeindruckte ihn. Das Gebet der Mönche bewegte etwas in ihm. Eine seltsame Erfahrung, während dreier Tage ein ganz anderes Leben zu führen!
Durch die Gegenwart der andern im Kloster wuchs in ihm das Vertrauen ins Leben. Eine Grundhaltung, ein Akt, den uns niemand abnehmen kann und der uns ermöglicht, zu unserer Menschlichkeit zu finden.
Vor der Abreise begegnete ich ihm wieder. Er meinte:
«Ich habe einen gewissen inneren Frieden gefunden. Jetzt kehre ich zurück zu meiner Familie, fahre mit meiner Frau und mit beiden Kindern in die Ferien.»

 
   
Die Frage, ob dieser Mann an Gott glaube oder nicht, habe ich mir gar nicht gestellt. Es machte mich glücklich zu sehen, dass er den Glauben an sich selbst wieder gefunden hatte.  
   
haute en page  
   
Botschaft für den Frieden  
(an die Friedensbewegung gerichtet)  
   
Auf dem berühmten Platz vor dem Stefansdom seid ihr heute, am 6. August wieder zusammengekommen, um die Erinnerung an die Geschehnisse von Hiroshima und Nagasaki wach zu halten. Für eine Zukunft, die sich dem Frieden öffnen möge.
Mit euch hat sich die Friedenstaube in Wien niedergelassen.
 
   
anti-nucléaire Ich drücke euch meine Solidarität aus und meine Bewunderung für euer Durchhalten.
Die Tragödie von Hiroshima und Nagasaki ist eine Wunde der Menschheit, die nicht verheilt ist.
Wie könnten wir auch die Opfer dieser Katastrophe, die immer noch andauert, vergessen?
Viele Stimmen erheben sich überall auf der Welt, um den Ausstieg aus der Kernenergie zu fordern.
Es ist ermutigend zu sehen, dass es Länder gibt, die ehrgeizige Programme zum Energiesparen und zur Entwicklung von erneuerbaren Energien aufstellen.
 
   
Leider bauen wir immer noch Atomkraftwerke und wir wissen nicht, wohin mit den nuklearen Abfällen! Wir fahren fort, atomgetriebene Unterseeboote und Atomreaktoren zu verkaufen!  
   
Aber die Hoffnung bleibt, denn niemand kann den Siegeszug des Friedens stoppen.
Immer mehr Frauen und Männer in allen Ländern der Erde treten für den Frieden ein.
Hier in Wien seid ihr die Friedensträger. Ihr tut dies mit viel Herzblut, um die Zukunft der Menschheit und unseres Planeten zu sichern.
Dafür gebührt euch Dank.
paix