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- Drei Fragen an... Jacques
Gaillot
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- Was denken Sie von der Polemik,
die die Rede von Papst Benedikt XVI. in Regensburg ausgelöst
hat?
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Der Papst hat Zorn gesät in der
muslimischen Welt, nun erntet er den Sturm. Ich finde, dass es
unglückliche und ungeschickte Äußerungen waren.
Man empfindet sie als Angriff auf den Islam. Fast überall
auf der Welt fühlen sich die Moslems gedemütigt, bedrängt,
in die Enge getrieben. Deshalb auch diese extreme Empfindlichkeit,
sobald sie merken, dass an ihrer Religion öffentlich Kritik
geübt wird. Eine Kritik, die aus dem Westen kommt. Das hat
man ja schon bei der Affäre um die Mohammed-Karikaturen
gesehen. |
Ein Freund von mir hatte die Idee, im Kaiser-Zitat des Papstes
Mohammed durch Jesus zu ersetzen. Dann würde es heißen:
"Zeige mir, was Jesus Neues gebracht hat, du wirst nur Schlechtes
und Unmenschliches finden, zum Beispiel die Aufforderung, den
Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verteidigen".
Würden sich die Christen da nicht beleidigt fühlen?
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- Selbst wenn es um "Zitate"
ging, ist es für den Papst eigentlich ratsam, von der Gewalttätigkeit
des Islams zu reden?
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- Ich denke nicht. Vermeiden wir es,
von der Religion der andern zu reden, wenn sie nicht da sind.
Die katholische Kirche hat dem Islam keine Lehren zu erteilen.
Sie hat in dieser Beziehung selber an einer schweren Hypothek
aus der Vergangenheit zu tragen.
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Ein Dialog unter den Religionen ist
nur möglich unter der Voraussetzung, dass sich keine der
andern überlegen fühlt. Wenn wir Gott entwaffnen wollen,
fangen wir doch damit an, uns selbst zu entwaffnen. |
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- Gewisse Beobachter sehen in dieser
Affäre den Beweis, dass das "Gespenst der Religionskriege"
eine nicht vernarbte Wunde ist, die sich jederzeit wieder öffnen
kann
Was meinen Sie?
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Es hat jetzt schon Repressalien gegeben.
Es macht mir Sorge, wenn ich an die christlichen Minderheiten
in Palästina, in Jordanien, in Syrien, im Irak, in Pakistan
denke. Sie sind es, die Gefahr laufen, den Preis für unsere
Worte zu bezahlen. |
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Was nun den islamisch-christlichen Dialog betrifft, so wird er
dadurch nicht einfacher. Es ist noch ein langer Weg bis zur gegenseitigen
Achtung und Wertschätzung. Wenn die Religionen nicht fähig
sind, untereinander Frieden zu schließen, wie soll es dann
in der Welt Frieden geben können?
Interview: Olivier Galzi
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