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- Drei Fragen an... Jacques
Gaillot
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- Franzosen und Niederländer
haben die europäische Verfassung an der Urne abgelehnt,
so wie Sie es sich gewünscht haben. Fühlen Sie sich
irgendwie verantwortlich für den Rückschlag, den die
europäische Idee jetzt erleiden könnte?
Ich freue mich über den Sieg des Neins.
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Es ist eine historische Abstimmung,
die einen auf ein solidarisches Europa hoffen lässt. |
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Das französische Volk hat entschieden. Es akzeptiert nicht,
das ihm die Kontrolle über seine Zukunft entrissen wird.
Dieser Entwurf einer europäischen Verfassung muss beerdigt
werden und das Nein muss respektiert werden. Es ist nicht nur
ein Rückschlag, das Fundament des ganzen europäischen
Gebäudes wird in Frage gestellt.
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- Bischof Gaillot sagt nein, aber
das tun auch Jean-Marie Le Pen von der extremen Rechten, Arlette
Laguiller von der extremen Linken und der antieuropäisch
eingestellte "Souverainiste" De Villiers. Was steckt
da für eine Logik dahinter? Stört Sie diese unheilige
Allianz nicht?
Die Mehrheit der Franzosen hat nein gesagt.
Ein großer Teil der unteren Schicht, Opfer der liberalen
Politik der Europäischen Union und Frankreichs, hat Nein
gestimmt.
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Die Jungen haben sich mehrheitlich für
ein Nein ausgesprochen. Für mich zählt der Protest
der Arbeitslosen, der Stellenlosen, der von Existenzangst beherrschten
Leute. Meine Solidarität gilt ihnen und sollte nicht als
faktisches Zusammengehen mit den Führern der extremen Rechten
oder Linken angesehen werden. |
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- Fünf Stunden nach der offiziellen
Ankündigung des Resultats in Frankreich widerriefen die
Chinesen die Erhöhung der Exportzölle auf gewissen
Textilien und hoben sie auf anderen ganz einfach auf. Nach dieser
Entscheidung könnte es zu einer Beschleunigung der Invasion
von chinesischen Textilien auf dem Weltmarkt und in Europa kommen.
Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass ein gespaltenes Europa
ein weniger geachtetes Europa ist? Ist das nicht der Beweis dafür,
dass heute nur große Blöcke auf die Probleme der Globalisierung
der Wirtschaft (Auslagerungen, Stellenabbau, unlauterer Wettbewerb)
antworten können?
Ich stelle fest, dass fünf Stunden nach dem Nein die angekündigte
Apokalypse nicht eingetreten ist. Die Gefahr geht nicht nur von
China aus, sondern ist hier bei uns spürbar: Soziale Errungenschaften
werden rückgängig gemacht, das Arbeitsrecht wird ausgehöhlt,
die öffentlichen Dienste werden zerschlagen...
Durch den Primat des "freien, unverfälschten"
Wettbewerbs, die absolute Freiheit, die den Verschiebungen von
Kapital, Gütern und Dienstleistungen eingeräumt wird,
werden immer mehr Menschen ins Abseits gedrängt. Sie sind
überflüssig geworden.
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Hat das französische Volk am 29.
Mai nicht ein soziales, umweltgerechtes Europa verlangt, ein
Europa, das mit den Ländern des Südens solidarisch
ist? Ein Europa, das auf Solidarität und Gerechtigkeit beruht? |
"Attac" sagt es treffend: "Ohne Steuergerechtigkeit
keine soziale Gerechtigkeit". Fordern wir die Aufhebung
der Steuer- und Justizparadiese. Es gibt davon etwa ein Dutzend
in Europa.
Interview: Olivier Galzi
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