Fragen der Zeit

 
Drei Fragen an... Jacques Gaillot
 

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Drei Fragen an... Jacques Gaillot
 
Was ist Ihr Eindruck nach einem Monat des Pontifikats von Papst Benedikt XVI.? Können Sie eine erste Bilanz ziehen?
 
Ich bin kein aufmerksamer Beobachter der Worte und Taten des Papstes. Mein Blick ist nicht auf den Vatikan fixiert. Die Tatsache, dass es einen neuen Papst gibt, hat mein Leben und mein praktisches Engagement nicht geändert.
Aber beim Lesen der Pressekommentare sind mir drei Dinge aufgefallen.
 
Vor allen Dingen die Ernennung des Amerikaners William Levada, der als sehr konservativ gilt, zum neuen Präfekten der Glaubenskongregation. War nicht er es, der gesagt hatte, es wäre eine Sünde, dem Demokraten John Kerry die Stimme zu geben? 

William Levada

 
Dann wurde das Schnellverfahren für den Seligsprechungsprozess Johannes Pauls II. angekündigt, und schließlich wurde in einer Ansprache das Festhalten an den moralischen Werten zum Schutz des Lebens bekräftigt. Erstaunt kann man darüber nicht sein; der eingeschlagene konservative Kurs wird während dieses Pontifikats wohl eingehalten werden. Es sieht nicht nach Fortschritt und Reformen aus.
 
Wie nehmen Sie die europäische Verfassung an? Wie werden Sie stimmen?
 
Ich schätze die Tatsache, dass der Bürger seinen Standpunkt geltend machen kann. Es kommt selten vor, dass wir um unsere Meinung gefragt werden, wenn es um wichtige Fragen geht, die die Zukunft unseres Landes und Europas betreffen.
 
constitution européenne Es findet in Bezug auf diese europäische Verfassung eine demokratische Diskussion auf allen Stufen statt. Und der ungewisse Ausgang der Abstimmung macht die Debatte noch spannender. 

Während eines Essens, das in einer friedlichen und höflichen Atmosphäre verlief, stellte ich die Frage: "Und die Volksabstimmung? Was werden Sie stimmen, ja oder nein?" Die Gegenfrage kam sofort: "Und Sie, wie werden Sie stimmen?" Ich sagte, ich würde "nein" stimmen. Allgemeines Erstaunen! Es entfachte sich eine hitzige Diskussion.
Mir wurde beim Lesen dieser ultraliberalen Verfassung klar, dass ihre Annahme unser Schicksal besiegeln würde. Es gäbe kein Zurück mehr. Wenn das "Nein" überwiegt, wird man über die Bücher gehen müssen. Ich sehe darin eine Chance für Europa, für ein soziales Europa.
 
Aber ist denn Europa nicht eine Garantie für den Frieden? Eine Chance für die Zukunft? Können Sie die Gründe für ihr "Nein" näher erläutern?"
 
référendum Die Verfassung schlägt eine ehrgeizige Verteidigungspolitik vor. Ein mächtiges Europa muss ein adäquates Verteidigungsbudget haben. Für die Aufrüstung wird immer genügend Geld zu finden sein, da muss man sich keine Gedanken machen. 
 
Mir kommt die alte Redensart ein: "Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor". Als einer, der sich seit langem für den Frieden und die Abrüstung einsetzt, kann ich damit nicht einverstanden sein.
Das Engagement für mehr Gerechtigkeit wird den Frieden herbeiführen, nicht die Effizienz unserer Bewaffnung.
 
Und die Einwanderungspolitik ist repressiv: Man will die Grenzkontrollen verschärfen und den Strom der Immigranten eindämmen. In Frankreich kennt man das seit langem schon. Diese repressiven Maßnahmen haben keine Lösung, aber den Einwanderern viel Leid gebracht. 

immigrés


Interview: Olivier Galzi