Brief von Jacques Gaillot vom 1. August 2004

 
Ein mutiges Interview
 

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Ein mutiges Interview
 
Puis Ncube In dieser Sommerzeit ist es mir ein Anliegen, ein Interview mit Mgr. Puis Ncube, dem katholischen Erzbischof von Bulawayo, wiederzugeben, das F. Py in der Zeitung "Le Monde" vom 1. Juli 2004 publiziert hat. 
 
Die Regierung von Simbabwe behauptet, der internationalen Nahrungsmittelhilfe nicht zu bedürfen. Was halten Sie davon?

pas des réserves Ich bin im Land herumgereist und die meisten Leute haben mir gesagt, sie hätten noch zu essen bis Ende August. In einigen Gegenden würden die Vorräte ab nächsten Monat erschöpft sein. Die Regierung lügt, wenn sie sagt, dass genügend Getreide produziert werde. 
 
Wieso sollte die Regierung lügen?

Nächstes Jahr finden Parlamentswahlen statt. Sie sind dabei, 300 000 Tonnen Mais aus Südafrika zu importieren, das sie für politische Zwecke einsetzen werden. Sie wollen die Leute zwingen, für sie zu stimmen, Stimmen gegen Nahrung eintauschen. Sie wollen die internationale Gemeinschaft loswerden, damit niemand hier ihre Untaten sieht.
 
Welche Rolle können die Kirchen in Simbabwe spielen?

Sie können die Menschenrechtsverletzungen anprangern. Aber da gibt es so viele Einschüchterungsversuche, es ist nicht einfach. Sie greifen mich nicht direkt an. Sie versuchen bloß, mich in den Medien zu diskreditieren, indem sie mich als gekaufte Marionette von England und Amerika bezeichnen, als einen, der nur Lügen erzählt. Zweimal haben Beamte des Staatssicherheitsdienstes meine Mutter aufgesucht, die 88 Jahre alt ist.
Nur um mich zu beeindrucken. Jedesmal wenn ich Gottesdienst feiere, sind Geheimdienstleute in der Kirche anwesend. Auch das ist eine Form der Einschüchterung.
 
Haben Sie die Unterstützung der katholischen Kirche von Simbabwe?

Nicht der ganzen Kirche. Die Machthaber können sich das Gewissen der Leute kaufen. Die Kirche von Simbabwe ist geteilt: auf der einen Seite diejenigen, die die Regierung stützen, auf der andern Seite ihre Gegner.
 
Werden Sie in ihrem Kampf vom Vatikan unterstützt?

Nicht direkt. Der Vatikan möchte, dass sich die Bischöfe von Simbabwe einstimmig äußern, und das ist nicht der Fall. Die Bischöfe, die offen reden, wie ich, sind nicht allzu sehr beliebt. Letztes Jahr hat der Papst Präsident Mugabe einen energischen Aufruf zukommen lassen, weil er sich um die Menschenrechte, um die Demokratie und die Einhaltung der Gesetze in unserem Land Sorgen machte.
 
Sind zwischen der Regierung und der Opposition Verhandlungen noch möglich?

Die Regierung will keine Verhandlungen, sie will die Macht. Seit Juni 2003 hat mit der Opposition überhaupt keine Diskussion mehr stattgefunden..
 
Großbritannien hat Mugabe scharf kritisiert, Südafrika ist für eine "diskrete Diplomatie". Was für eine Art von Diplomatie könnte wirksam sein?

pouvoir Keine. Mugabe kann mit der Unterstützung aller afrikanischen Staatschefs rechnen. Sie bilden einen Klub und helfen sich gegenseitig. Sie handeln nie.  
 
In Ruanda sind sie nicht interveniert, es hat in der Demokratischen Republik Kongo Millionen von Toten gegeben. In Darfur (Westsudan) werden Tausende vertrieben, sie unternehmen nichts. Sie halten zusammen und kümmern sich nicht um das Leiden der Bevölkerung. Das einzige, was zählt, ist die Macht. Ich sehe keine wirksame Diplomatie. Viele haben sich an Mugabe gewandt, Kirchenleute, Nichtregierungsorganisationen, Botschafter. Er schert sich nicht darum.
 
Was gibt es für einen Ausweg aus der Krise in Simbabwe?

(Seufzer.) Ehrlich gesagt, solange Mugabe da ist, sehe ich keinen Ausweg. Und die Regierungsmitglieder nicken alle zu allem, was er sagt. Innerhalb der ZANU PF (Afrikanische Nationale Union Simbabwe - Patriotische Front, die Partei, die an der Macht ist) wagt es keiner, den Mund aufzutun. Es heißt manchmal, die ZANU sei geteilt, aber die ZANU, das ist Mugabe. Ohne ihn gibt es keine ZANU.
 
Die Regierung klagt Sie an, die gegnerische Partei zu unterstützen, die Bewegung für einen demokratischen Wechsel (MDC)?

opposent Wer gegen sie ist, wird der Nähe zur MDC bezichtigt. Sie möchten, dass wir alle Jasager sind. Aber ich kann nicht schweigen, wenn mein Volk so leidet. Sie wissen, dass es teuflisch ist, was sie in Simbabwe tun, aber sie würden es nie zugeben.