Brief von Jacques Gaillot vom 1. August 2002

 
Einsperren
 

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Einsperren

prison  Können wir überhaupt von einer Welt ohne Gefängnisse träumen? Oder - etwas realistischer - von einer Welt, in der es weniger Gefängnisse gibt? In Frankreich sieht es eher nach dem Gegenteil aus. Da die bestehenden Gefängnisse überfüllt sind, plant die Regierung den Bau von neuen Haftanstalten mit 11 OOO Plätzen. 
 
Das gleiche Problem stellte sich schon vor etwa fünfzehn Jahren. Um die übervölkerten Gefängnisse zu entlasten, wurden damals neue gebaut mit 17 OOO zusätzlichen Plätzen. Das weist darauf hin, dass das Problem weiterbestehen wird.

Der Bau von Kerkern bedeutet nicht, dass damit die Sicherheit gewährleistet wird. Die Gesellschaft hat das Gefühl, dass sie sich schützt, aber durch das Einsperren von Gesetzesbrechern wird nur die Quote der Rückfälligen erhöht. Das Gefängnis vernichtet das Individuum, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft gelingt relativ selten.

Das Gefängnis ist ein Spiegel der Gesellschaft. Es zeigt uns, dass unsere Gesellschaft den Wettbewerb groß schreibt, dass die Individuen nicht gleichberechtigt sind und dass einige auf Kosten anderer Erfolg haben. Was notwendigerweise zu Gewalt und Kriminalität führt.
Aber das ist noch nicht alles.
 
Unsere Gesellschaft bringt immer jüngere Straftäter hervor, die immer gewalttätiger werden.   jailhands
 
Um der Lage Herr zu werden, greift die Regierung ihrerseits auf die Gewalt zurück. Sie plant geschlossene Anstalten für Minderjährige.

Vor mehr als zwanzig Jahren, im Jahre 1979, hatte man die schrecklichen Haftanstalten für Minderjährige geschlossen, weil man der verheerenden Wirkung auf die Jugend gewahr geworden war. Heute nun ist man bereit, junge Menschen auf dem Altar der Sicherheit zu opfern. Für die Franzosen hat das Sicherheitsdenken Vorrang; so gibt man dem Zwang den Vorzug und vernachlässigt die Erziehung.

Es hat Zeit gebraucht, um die Körperstrafen und die Todesstrafe abzuschaffen. Und es wird zweifellos noch viel Zeit vergehen, bis man aufhört, Menschen einzusperren, sodass sie die Möglichkeit haben, sich aufzufangen und neu zu beginnen. Die Gesellschaft muß sich zu diesem Entscheid durchringen können.