Brief von Jacques Gaillot vom 1. Juli 2002

 
Schon 20 Jahre!
 

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Rose  Schon 20 Jahre!  bon anniversaire 

Die Gruppe Partenia 2000 wollte zur Feier des 20. Jahrestages meiner Bischofsweihe eine Zusammenkunft organisieren. Trotz meinen Bedenken bezüglich dieses großzügigen Projektes ließ ich sie gewähren. Ich danke an dieser Stelle den Organisatoren, die das Ganze mit viel Herzblut und Energie angegangen sind.
 
au jardin du Luxembourg  Es war ein strahlender Tag. Im herrlichen Jardin du Luxembourg, mitten in Paris, kamen die Gäste mit ihren Rucksäcken an und erkannten einander ziemlich schnell. 
 
Unsere belgischen Freunde waren stark vertreten, aber da waren auch Leute aus der Schweiz, aus Deutschland, sogar von Texas und natürlich auch die afrikanischen Sans-papiers. Dann kam der Autobus aus Evreux an, voll besetzt mit Pilgern, die sich auf das Zusammentreffen freuten. Das Picknick begann, ohne dass eine Brotvermehrung nötig gewesen wäre!
Ich wusste gar nicht, wer alles kommen würde, und so sah ich, freudig überrascht, viele bekannte Gesichter, viele, die mir seit langem schon sehr nahe stehen.

Ich ging von Gruppe zu Gruppe und begrüsste jede und jeden von ihnen. Wie könnte man nicht dankbar sein für so viel Treue zum Evangelium, so viel menschliche und spirituelle Erfahrung, so viel Engagement für die Armen.  amis
 
Ihre Worte pflückte ich wie lauter Partenia-Blumen: "Es ist ein neues Phänomen in der Kirche, dass sich die Herde um einen selbst gewählten Hirten sammelt." - "Was im Januar 1995 geschehen ist, ist keine Episode, sondern bleibt immer lebendig." - "Ich leide immer noch darunter, dass ich aus der Kirche ausgeschlossen worden bin, dass man mich verleugnet hat, dass ich keinen Auftrag mehr habe, aber ich gebe nicht auf, auch wenn es ein verzweifelter Kampf ist." - "Unseren gemeinsamen Einsatz für die Diözese werde ich nie vergessen, unser Anliegen, dabei immer zuerst an die Armen zu denken und für sie zu kämpfen."
Es waren für mich sehr beglückende Begegnungen.
Wir verließen den Park des Jardin du Luxembourg, um uns ohne Hast zur Kapelle der Spiritaner zu begeben.
 
Wenn ich in Paris bin, nehme ich dort täglich am gemeinsamen Gebet teil und feiere mit anderen Geistlichen zusammen die Messe.
 
Célèbration 
Die Gemeinschaft nahm uns mit offenen Armen auf. Bei der Konzelebration stand der Bischof von Evreux an meiner Seite.
 

Ich erinnerte daran, dass ich 1982 mein Episkopat unter den Schutz des Priesters Jacques Laval, der kurz vorher von Johannes Paul II. selig gesprochen worden war, gestellt hatte. Die Statue von Jacques Laval befindet sich genau hier, in der Kapelle der Spiritaner. Der evangelische Werdegang dieses Mannes hatte mich fasziniert. Er war Priester in Evreux, als er sich aufmachte, um sein Leben auf der Insel Mauritius denen zu widmen, die von der Gesellschaft im Stich gelassen wurden, den Schwarzen.
Heute noch bewundere ich seinen Mut, im 19. Jahrhundert solche Taten zu vollbringen.

Er beginnt sogleich die Sprache der Schwarzen zu lernen: Kreolisch. Er richtet sich in einer aus zwei Räumen bestehenden Bretterbude ein, damit die Schwarzen sich ihm nicht unterlegen fühlen.
Er wagt es, extra für sie eine Messe zu lesen, damit sie nicht hinten in der Kirche hinter einem Gitter stehen müssen, wenn die Weißen da sind. Zweimal am Tag besucht er das Gefängnis, wo Hunderte von Häftlingen eingepfercht sind, deren Befreiung meistens nur durch den Tod erfolgt.

Auf sozialer Ebene gründet er eine Versicherung für die Schwarzen: Sie sollen selber für sich sorgen und untereinander solidarisch sein. Er begreift, dass die Evangelisation der Schwarzen von den Schwarzen selbst ausgehen muss, dass die Kirche auf Mauritius nur errichtet werden kann, wenn man von ihnen ausgeht.

Jacques Laval  Dieses Verhalten kam Jacques Laval teuer zu stehen. Wer sich mit den Schwarzen solidarisch erklärte, provozierte die Weißen. Jacques Laval bekam ihre Verachtung zu spüren, man versuchte, ihn von der Insel Mauritius zu vertreiben, sogar zu töten. Dieser Weg, der seinen Ursprung im Evangelium hatte, ist immer noch ein Ansporn. Er lässt uns voller Hoffnung in die Zukunft blicken.

Wir gingen auseinander, Christi Freude im Herzen.