Brief von Jacques Gaillot vom 1. Februar 2001

 
Die Kinder von Gaza
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot 
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Die Kinder von Gaza

Die Kinder und der Frieden gehören zusammen. Sie werden oft vergessen in den Kriegen. Ihre Stimme muss gehört werden, denn ohne sie gibt es keinen Frieden. Georges Vimard, der in Gaza lebt, übermittelt uns ihre Verzweiflungsschreie. Einmal mehr danken wir ihm dafür. (JG)

Eines Tages bin ich zur Schule gegangen und von Krieg war nichts, kein Wort. Aber am nächsten Tag war überall Krieg gegen die Palästinenser. Wie wenn die Erde aufstehen und rennen würde. Plötzlich fingen die Schüsse und die Raketen an, wie Regen an einem sonnigen Sommertag. Sami, 9 Jahre

 Ich möchte spielen können... Wir sind im Krieg und die Länder helfen uns nur mit Worten. Ich will jedem Kind auf der Welt einen Brief schicken, um zu beweisen, dass wir die Hoffnung haben, dass das ändert. Boutros, 11 Jahre 

Ich bin ein Kind, aber ich weiss, was auf der Welt passiert. Die Armee hier tötet uns, ohne zwischen Männern, Frauen und Kindern zu unterscheiden. Tawfiq, 8 Jahre

Wenn ihr denkt, dass ich euch sagen werde, ich hätte furchtbare Angst zu sterben, dann irrt ihr euch, denn ich glaube fest an Gott, der uns nie im Stich lässt. Ich bin sicher, dass viele Leute das gleiche Gefühl haben wie ich, das ihnen erlaubt, mutige Dinge zu tun.
Die Israeli können uns bombardieren, soviel sie wollen, uns umbringen, das einzige, was sie uns nicht nehmen können, ist der Glaube.
Issa, 10 Jahre

Alle hoffen auf den Frieden, und besonders die Palästinenser, die den Wunsch und den Traum haben, unter sich und mit den Israeli in Frieden leben zu können. Laila, 15 Jahre

Ich will schöne Musik hören, nicht den Lärm von Geschossen und Raketen. Ich will schöne Landschaften sehen, nicht die Beerdigungen der Märtyrer und das Leiden der Verwundeten. Ich will im Garten mit meinen Freunden spielen können. Rana, 14 Jahre

Die Christen sind erstaunt, dass christliche Länder wie England oder die Vereinigten Staaten sie nicht unterstützen. Die Moslems sind erstaunt über das magere Resultat der Arabischen Gipfelkonferenz. Wer unterstützt uns? Ala, 12 Jahre

Die einzige Waffe, die bleibt, um den Frieden zu bringen, ist, die Hoffnung zu bewahren und das Gebet, mit zerrissenem Herzen, damit Gott uns ein Leben in Würde schenkt. Rami, 14 Jahre

Saddam Hussein soll seine Raketen abfeuern und Israel zerstören! Karim, 8 Jahre

Der Friede, den wir suchen, muss zuerst aus unseren Herzen kommen. Wir, die Jungen, wir können etwas ändern und den jetzigen Konflikt umwandeln in eine historische Versöhnung und das Verständnis für die Bedürfnisse von allen. Haneen, 16 Jahre

Mein Vater sollte nach Jerusalem, um zu arbeiten, aber die Juden lassen ihn nicht. Sie wollen, dass wir ohne Arbeit sind und ohne Nahrung. Sie wollen unsern Tod. Mahmoud, 12 Jahre

Die israelische Politik ist es, unser Volk zu erschrecken und seinen Willen zu brechen. Aber das stärkt unsere Entschlossenheit, nach Freiheit zu streben. Saher, 15 Jahre

Palästina ist ein sehr wichtiges Land, weil es im Zentrum der arabischen Welt liegt. Dort ist Jesus geboren, und dort ist der Ort von El Asra und El Miraj des Propheten Mohammed. Esreen, 14 Jahre

Wir haben keine Angst vor Israel, weil wir im Recht sind. Es ist unser Land, das Land unseres Vaters und unseres Grossvaters. Wir werden dorthin zurückkehren. John,9 Jahre

Die Intifada ist ein heiliges Wort für alle Palästinenser. Was für jedes palästinensische Herz viel bedeutet. Wir möchten euch an all das Elend erinnern, das wir durchmachen, an das Blut, das wir vergießen, um in unser Land zurückkehren zu können. Wir warteten auf einen Hoffnungsstrahl, Jerusalem durch Verhandlungen zu bekommen, aber nichts davon. Wir werden alles tun, um Jerusalem wieder zu haben. Kareem, 16 Jahre

Warum werden unsere Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zunichte gemacht? Warum ging der Sonnenaufgang im Frühling im Winterschnee unter? Warum sterben unschuldige Kinder?
Ich erwarte eine Antwort auf diese Fragen und nicht das Schweigen der Welt angesichts solcher Verbrechen
. Mera, 17 Jahre

Schließlich werden wir uns daran erinnern, dass wir während dem Kampf das Wort "Menschlichkeit" nicht vergessen dürfen. Selbst wenn unser Feind es vergessen hat und alles tut, damit die ganze Welt es auch vergisst. Wir verlangen internationalen Schutz, um die Kinder und das Volk zu retten. Elias, 15 Jahre

Ich bin eine Palästinenserin. Wir sind ein Volk, das in einer kleinen Region lebt. Wir wollen im Frieden leben, ohne Alarm und ohne Blockade, und genügend schlafen und angenehme Träume haben statt Alpträume. Auf unserem Boden spielen können und in der Schule lernen. Nour, 12 Jahre

An diesem Weihnachtsfest 2000 ist Bethlehem mitten im Kriegsgeschehen. Am Himmel von Palästina werden Engel und Kinder durch Raketen erschreckt. Die Erde der belagerten Gebiete ist durch Hunderte von frischen Gräbern aufgewühlt, während die Armee und die Siedler ihre Politik der verbrannten Erde fortsetzen.
An den mit nach Rache schreienden Graffiti bedeckten Wänden in den Städten lese ich: "Lann nerka! Wir werden uns nicht beugen!". Wenn Weihnachten, die Ehre Gottes, auch mit den Menschen etwas zu tun hat, dann wird sich der Mensch nicht beugen, denn einst hat sich Gott erniedrigt bis auf die menschliche Stufe herunter und hat seine Würde denen verliehen, die keine mehr haben.
Das tödliche Licht der Waffen kann die Ehre Gottes nicht sehen, diejenigen, die die Erde und die Seele eines Volkes zerstören, können sie nicht hören.

Wie kommt es, dass Männer, Frauen, Kinder sich erheben, wenn sie den tiefsten Punkt der Demütigung erreicht haben?
Woher haben sie dieses Gefühl für Menschlichkeit?
Von einem Kind, das in der Nacht einer militärischen Besetzung vor 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde.
Ein Wort für alle und für jeden Menschen, den Gott liebt.

Hört am Weihnachtsabend, bei euch zu Hause, die Stimme dieser Kinder von Bethlehem, Beit Jala, Beit Sahour, Gaza, Jerusalem und Ramallah. Ihr werdet ihre Wut und ihre Angst spüren, aber auch ihr Vertrauen in eine neue Welt.

Dann wird der Himmel nicht mehr drohend sein, der Engel Gottes wird den Flügel seiner Zärtlichkeit über die Menschen ausbreiten können. Und junge Olivenzweige werden überall erblühen.

Georges Vimard

    Lesen Sie auch den Brief von Georges Vimard: Priester in Gaza, Nov. 2000