Logbuch: Oktober 1999 |
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Der Marsch der Sans-papiers In Toulouse versammeln sich die Papierlosen auf dem sonnenbeschienenen Place du Capitole, während sich der Markt belebt und vor dem Rathaus verschiedene Hochzeitspaare auftauchen. Im Sommer hatten mehrere Sans-papiers einen Hungerstreik begonnen. Die Hoffnung war der Enttäuschung gewichen, da die Versprechen der Präfektur nicht immer gehalten wurden. Einer beging Selbstmord. Seine Freundin ist auch zur Versammlung gestoßen, sie hat die Tragödie noch nicht verkraftet und ist ganz aufgewühlt. Wir sprechen miteinander. Aber das Leben ist stark. Der Kampf geht weiter. Heute beginnt der Marsch Toulouse-Paris. Es ist ein großer Augenblick. Den Rucksack auf dem Rücken und die Mütze auf dem Kopf, stehen die Teilnehmer ungeduldig da. Nach den Ansprachen geselle ich mich zu ihnen, und wir durchqueren die Stadt.
Das Abenteuer Mission Ich nehme bei einem gemeinsamen Essen von einem Freund Abschied, Frédéric, der im Begriff ist, nach Guinea abzureisen. Dieser junge Missionar wird sich in ein Gebiet begeben, wo die Mehrheit moslemisch ist, fern von den großen Zentren, ohne Kommunikationsmittel, und er kennt nicht einmal die anderen Mitglieder des Teams. Es ist eine Reise ins Ungewisse, ins Abenteuer. Aber Frédéric ist im Geiste schon beim guineischen Volk, zum dem er gesandt ist, und bei den Jugendlichen, denen er im Rahmen der Schule begegnen wird. Ist der Zeuge des Evangeliums nicht ein Nomade, dessen Berufung die Begegnung ist? Das Leben im Dienste des Evangeliums ist ein Abenteuer, daß das Herz derjenigen formt, die sich dafür einsetzen. Kurdentreffen Das riesige Stadium von Dortmund ist vollbesetzt mit Kurden. Es ist ein festlicher Anlaß. Ich nehme nicht zum ersten Mal an ihrer Zusammenkunft teil, und wie immer beeindrucken mich ihre Würde und ihre Entschlossenheit. Ich begegne einer Gruppe von jungen Musikern, die nachts aus Montpellier im Lieferwagen hierhergefahren sind. Sie schenken mir ihre CD. In der Menge hat es ein Kurde geschafft, sich bis zu mir durchzukämpfen. Wie er endlich vor mir steht, sagt er mir: "Erkennen Sie mich wieder? Ich bin Mehmet." Ich erinnere mich an Mehmet, früher hatte dieser Sans-papier mehrere Monate bei mir im Bistum Evreux gewohnt. Das Wiedersehen freut mich, und ich bin gespannt zu hören, wie es ihm jetzt geht. Er ist verheiratet, hat eine Wohnung und Arbeit gefunden, und er spricht gut Französisch ... Leider werden wir unterbrochen, man holt mich auf die Tribüne. Ich wende mich an die Versammelten, und der Text, den ich auf deutsch vorlese, wird sogleich ins Kurdische übersetzt. "Die Erdbebenkatastrophe, welche die Türkei vor kurzem heimgesucht hat, hat die internationale Öffentlichkeit aufgerüttelt. Es entstand, über alle Grenzen hinweg, eine Welle der Solidarität. Aber über den Staatsterrorismus, der seit 20 Jahren dauert und die Bevölkerung unterdrückt, hält sich niemand auf, entrüstet sich niemand. Die internationale Gemeinschaft reagiert nicht darauf..." Öcalan wurde von unseren westlichen Regierungen feige im Stich gelassen, aber sein Volk wird ihn niemals fallenlassen. Jede Demütigung, die Öcalan erleidet, wird als Angriff auf die kurdische Würde empfunden. Diese Ungerechtigkeiten und diese Unterdrückung haben die Entschlossenheit der Kurden nicht im geringsten beeinträchtigt. Die heutige Versammlung ist der Beweis dafür. Dem Frieden wird eine Chance gegeben, insofern eine politische Lösung des Konflikts gewünscht wird statt einer militärischen. Nur miteinander können Türken und Kurden gewinnen.
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PS: Partenia in Zahlen, Jahr 1998
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