Logbuch: September 1998


 

 

Einkehrtage Ferien

Bibliographie Archiv


PS: Partenia in Zahlen Buch: Sonnenaufgang ...

Buch: Knospe, ...

 





 

 

PARTENIA

Briefe

Aktuelles







send email

Einkehrtage

 

Nachdem ich selber, wie jedes Jahr, in einer Abtei (La Pierre-Qui-Vire) Exerzitien gemacht hatte, nahm ich die Einladung an, Einkehrtage für Laien und Ordensleute in Frankreich und in Belgien zu gestalten.
Exerzitien sind immer ein spirituelles Ereignis. Es geschieht jedesmal etwas. Zusammen beten, das Wort Gottes hören. Das Wort teilen, es von einem anderen hören - dadurch wird man aufgerufen, sich zu öffnen.
Das Unerwartete kann eintreten.

Man hat die Gelegenheit, sein Bündel abzustellen, auf den zurückgelegten Weg zu schauen, seine Lebensgeschichte durchzugehen, die Ereignisse, die uns geprägt haben, miteinander in Zusammenhang zu bringen, in die Zukunft zu blicken.

Ich höre den Teilnehmenden zu und merke, daß sie schwere Kreuze tragen. Aber ich staune über das Wirken des Heiligen Geistes in ihrem Leben. Ich danke Gott für diese Frauen und Männer, die trotz der Last ihrer Erfahrungen und Prüfungen nicht aufhören, in bewundernswerter Treue an Christus zu glauben.

 

Einladung zum Abendessen - Im Bus nähert sich mir ein Farbiger, um mit mir zu reden. Er ist aus Bangladesch. Er vertraut mir seine Schwierigkeiten an: für seine Familie eine anständige Wohnung zu finden. Seine Frau, eine Iranerin, arbeitet. Er auch. Seine beiden Söhne, 15 und 17, haben sehr gute Schulzeugnisse. Aber die Wohnung besteht bloß aus zwei kleinen Zimmern mit einer Kochnische. Und das dauert nun schon zehn Jahre. Er drängt mich, einmal am Abend zu ihm essen zu kommen. Seine Jungen, die mich kennen, würden sich sehr freuen. Ich nehme die Einladung an und steige aus.

Zwei Wochen später suche ich ihn auf. Der Mann, dem ich im Bus begegnet bin, wartet auf dem Trottoir. Er freut sich, wie er mich kommen sieht. Seine Jungen haben gewettet, daß ich niemals bei ihnen essen würde.

Es ist ein baufälliges, lärmiges Gebäude. In der Wohnung herrscht Ordnung. Wenn man keinen Platz hat, muß alles schön aufgeräumt sein.

Die Mama, umgeben von ihren zwei großen Söhnen, ist glücklich, mich zu empfangen. Die Jungen sind offensichtlich eingeschüchtert. Aber das wird nicht lange so bleiben. Sie zeigen mir ihr winziges, mit Kajütenbetten ausgestattetes Zimmer. Der Jüngere legt sich früh schlafen. Der Ältere arbeitet beim Schein einer kleinen Lampe bis spät in die Nacht. Sie wünschen sich, daß ich ihnen etwas auf ein Blatt schreibe.

Im andern Raum steht an der Wand ein Tisch bereit. Es hat nur vier Stühle. Der Vater bleibt stehen, um uns zu bedienen. Hier schlafen die Eltern, nachdem sie den Tisch weggenommen haben.
Ich spüre den Stolz der Eltern auf ihre Söhne. Sie tun alles, damit diese Erfolg haben. Die Familie ist ein unschätzbarer Wert, etwas Heiliges.
Ich teile mit ihnen in ihrem Heim das Brot der Freundschaft. Es ist, als würde ich an ihrem Leben teilhaben. Durch das Teilen werden die Menschen zu Brüdern.
 

Taufe und Hochzeiten - Der Sommer ist eine günstige Zeit für die Feier dieser Sakramente, zu der sich Freunde und Verwandte versammeln. Mir unbekannte, der Kirche eigentlich fernstehende junge Leute haben sich an mich gewandt. Mit der Institution Kirche verbindet sie nichts, aber Liebe und Geburt laden dazu ein, über sich selbst hinauszuwachsen, die Frage nach dem Sinn zu stellen und sich auf eine spirituelle Suche zu begeben.

Diese jungen Leute suchen nicht nach Normen, sondern nach Sinn. Sie haben eine gewisse Erfahrung und wollen sich selber treu bleiben können.

Ich weiß es zu schätzen, daß die Hauptbeteiligten in der Kirche, wo wir uns zur Feier des Sakraments versammelt haben, als erste das Wort ergreifen. Vor allen verleihen sie ihrem Schritt einen Sinn. So wie bei dieser Hochzeit, an der die Brautleute den Anwesenden sagen: "Ihr fragt euch sicher, warum wir kirchlich heiraten. Es stimmt, daß wir mit gewissen offiziellen Interventionen der Kirche nicht einverstanden sind. Wir kennen auch unsere Schwächen und unsere Zweifel, was den Glauben betrifft. Trotz allem liegt uns daran, daß unsere Liebe von Gott gesegnet wird, und wir vertrauen unser Wort der Treue Gottes an." - Diese Einstimmung verfehlte ihre Wirkung auf die Teilnehmer nicht. Sie spürten, daß das Gesagte auch sie betraf.


 

 

 

 

 

PARTENIA

Briefe

Aktuelles







send email

Ferien

 

Das bedeutet an einem andern Ort und auf andere Art leben. Seine Gewohnheiten ändern, um andere wieder zu treffen und auch um sich selber zu finden. Jedes Jahr statte ich Verwandten, die am Meer ihre Ferien verbringen, einen Besuch ab. Die Familie wächst und wächst. Es macht mich glücklich, an den jungen Eltern bei jeder neuen Geburt eine Veränderung festzustellen: Reife, Verantwortungsbewußtsein, Staunen vor dem werdenden Leben ihres Kindes.

Der Ozean ist immer da, unendlich und unfaßbar. Ich werde nicht müde, ihn zu betrachten. Am Ufer schütten Kinder unermüdlich Meerwasser in ein Loch, das sie in den Sand gegraben haben. Feriengäste nehmen ein kurzes Bad, ohne sich weit vom Strand zu entfernen. Andere scheuen sich nicht, auf ihrem Surfbrett weit draußen Wind und Wellen zu trotzen.

Dann gibt es auch noch die Abenteurer, die ganz allein die Welt umsegeln wollen. Sie verwirklichen Träume, die wir in uns tragen. Ihre Spitzenleistungen wecken in uns die Lust, über uns selbst hinauszuwachsen.

Ist die Suche nach Gott nicht etwas Ähnliches? Die einen sprechen gern von Gott, aber ihr Leben wird von ihm kaum berührt. Andere vertrauen auf Gott und versuchen ihn auf ihrem Lebensweg zu entdecken. Andere wiederum sind Gottessportler, Heilige, die für uns wie Trainer sind im Abenteuer des Glaubens. Es sind Leuchttürme.

Und die Kinder, die am Strand spielen und vergebens versuchen, das Wasser des Ozeans in das Loch zu schütten, das sie gegraben haben, erinnern uns daran, daß das Geheimnis Gottes uns immer übersteigen wird.

 

Bitte um Gebet - Ich wollte zur Metrostation beim Bahnhof hinuntersteigen, als mich vier junge Leute beim Namen riefen. Überrascht wende ich den Kopf und kehre wieder um. Man sieht ihnen die Freude an, mir die Hand reichen und mit mir reden zu können. Ich setze meine Unterschrift auf ein Stück Papier, das sie mir hinhalten. Es ist schon Abend; sie geben zu, daß sie ein wenig getrunken haben, und bitten mich, für sie zu beten. "Besonders für mich"; sagt einer. "Ich heiße Georges. Ich hab's wirklich nötig, daß Sie für mich beten, denn es geht mir nicht gut. Obwohl ich Arbeit habe und eine Wohnung. Werden Sie's tun?" "Ich versprech's dir, Georges. Noch bevor es Nacht wird, werde ich für dich beten." Die vier Burschen verschwinden in der Menge, aber ich bleibe mit ihnen durch das Gebet und die Freundschaft verbunden. Vor meinem inneren Auge erscheinen ihre Gesichter. Im Lärm der Metro kommt Georges' Bitte über meine Lippen: "Herr, dem, den du liebst, geht es nicht gut."





Jacques Gaillot 


 

 

 

 

 



PARTENIA

Briefe

Aktuelles







send email

Archiv:


 





PS: Partenia in Zahlen, 1997

 

Im Monat, Anzahl Seiten vorgestellt im Internet: 175

Gesamtzahl - Homepages während eines Jahres, publziert in sieben Sprachen: 63'875

Geamtzahl von Internetbesuchern bei Partenia: 92'000

Zunahme von Besuchern innerhalb eines Jahres: 22'000

Besucher pro Monat bei Partenia im Internet: 7'660

E-mail an Bischof Jacques Gaillot: 2'300

E-mail an den Webmaster: 346


 







 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PARTENIA

Briefe

Aktuelles







send email
Sonnenaufgang in der Wüste
Ich wähle die Freiheit

Jacques Gaillot

Original: Je prends la liberté

Als Jacques Gaillot noch Bischof von Evreux war, beschäftigte er die Kirche Frankreichs. Seit er am Freitag, den 13. Januar 1995, als Bischof von Evreux abgesetzt und an den Wüstenort Partenia strafversetzt wurde, beschäftigt er die Weltkirche. Aber nicht nur die Kirche: Auch jene Menschen, die schon lange nicht mehr entlang den kirchlichen Vorgaben leben, orientieren sich an ihm und hungern nach seinen Worten und seinen zeichenhaften Aktionen.

Der Journalist Jean-Claude Raspiengeas hat sich mit Jacques Gaillot zusammengesetzt, um diesem Menschen auf die Spur zu kommen. Die im Buch Je prends la liberté gesammelten Gespräche vermitteln eine packende Persönlichkeit: packend in ihrer selbstverständlichen Liebe, packend in ihrer klaren Sicht der Zusammenhänge, packend in den ungeduldigen Forderungen an die Kirche.

Wie in keinem der anderen Bücher geht Jacques Gaillot auf seine eigene Person ein: Er erzählt von seiner Kindheit und Jugend in Saint-Dizier, von den Träumen und Zweifeln, die ihn als jungen Mann heimgesucht haben, von der Ausbildung im Seminar, von den Einsätzen im Algerienkrieg, von den verschiedenen kirchlichen Aufgaben, die ihm vor dem Einsatz als Bischof von Evreux anvertraut waren, von der Einsamkeit und der Fülle der Begegnungen eines Bischofs.

Es wird für die LeserInnen des Buches deutlich, daß Jacques Gaillots Engagement eine ganz persönliche Biographie besitzt. Da ist ein Mensch vorbereitet worden oder wie er selber es gern ausdrückt: da ist ein Mensch geschützt worden, damit er später anderen zum Schutz werden kann. Zugleich macht der biographische Hintergrund aber auch klar: Da hat ein Mensch einen inneren Auftrag erhalten, der sich weder durch die familiären Zusammenhänge noch durch die kirchliche Prägung erklären läßt. In Jacques Gaillot ist der Kirche eine prophetische Existenz geschenkt worden, mit der sie sich wie immer bei Propheten nur schwer zurechtfinden kann.

Als Prophet tritt Jacques Gaillot auf, wenn es um die Randfiguren der Kirche geht. Er möchte sie in die Mitte stellen. Denn am Umgang mit ihnen entscheidet sich die Echtheit der Kirche. Zu den Randfiguren gehören nach ihm: die Armen, die Obdachlosen, die Flüchtlinge, die Homosexuellen, die verheirateten Priester, die Geschiedenen, die wieder geheiratet haben.

Die kirchliche Ordnung verweist sie an den Rand oder demütigt sie zu Empfängern des kirchlichen Mitleids. Jacques Gaillot stellt sie in die Mitte und engagiert sich für ihr Selbstbewußtsein. Als Prophet spricht Jacques Gaillot zudem, wenn er die vorschnellen Absicherungen der Kirche kritisiert, seien es die Absicherungen politischer Art mit den bestehenden Machtgefügen, seien es die Absicherungen kirchenpolitischer Art mit Konzepten, die der Kirche keine echte Erneuerung zumuten, sondern lediglich Rückzugsgefechte im Dienste veralteter Vorstellungen.

Sonnenaufgang in der Wüste Ich wähle die Freiheit erlaubt eine vielseitige Lektüre. Das Buch eignet sich für LeserInnen, die über Jacques Gaillot persönlich mehr erfahren möchten. Die Lebensstationen werden deutlich, aber auch der Mensch mit seinem Charakter. Auf sehr lebendige Art vermittelt das Buch dank seiner Gesprächsform den ungezwungenen Charme, den Witz, das spontane Ringen und die kritische Klarheit von Jacques Gaillots Denken und Sprechen.
LeserInnen, die an der gegenwärtigen Entwicklung und Nicht-Entwicklung der Kirche interessiert sind. Anhand vieler konkreter Beispiele und Situationen schildert Jacques Gaillot selber, was an der Kirche veraltet ist und wie allenfalls die Kirche der Zukunft ausschauen kann. Trotz der vielen beängstigenden Probleme in und rund um die Kirche wird in der Person Jacques Gaillot selber jene Kraft spürbar, die auch mit der Kirche eine Zukunft gestalten kann.
LeserInnen, die persönlich auf einer religiösen Suche sind. Das Engagement Jacques Gaillots in der Kirche, aber auch seine Freiheit, sich durch verhärtete Normen der Kirchenordnung und durch Strafmaßnahmen nicht imponieren zu lassen, werden im Laufe der Lektüre zu einem Maßstab für den eigenen Weg zwischen Eigenständigkeit und Anpassung, zwischen Besinnung und Einsatz.

Ich wähle die Freiheit Je prends la liberté ist ein wertvolles Buch, weil hinter ihm ein Mensch mit seiner ganzen Geschichte und seiner ganzen Liebe steht, ein Mensch, der zudem weiß, daß hinter ihm ein Anderer steht, Jesus, mit seiner ganzen Geschichte und seiner ganzen Liebe.

Je prends la liberté erscheint erstmals auf deutsch.
Sonnenaufgang in der Wüste
Sein Weg in Freiheit durch die Wüste wird zu reden geben. Denn was Jacques Gaillot bei den Bischöfen der französischen Kirche oft vermißt, ist die mangelnde demokratische Auseinandersetzung. Gilt dies nicht auch für den Großteil der deutschen, österreichischen und schweizerischen Bischöfe? Nicht umsonst hat Jacques Gaillot seine Wüstendiözese Partenia auch auf diese Länder ausgedehnt.
 
Das Buch ist ab Ende April 1997 in jeder Buchhandlung, oder direkt beim Verlag, Edition K. Haller erhältlich.


 

 





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 PARTENIA

Briefe

Aktuelles







send email

Knospe, du trägst die Kraft zur Blüte
Begegnung mit dem Evangelium

Jacques Gaillot

Original: Ce que je crois

Im neuesten Buch erzählt Jacques Gaillot von spontanen Begegnungen. Er eröffnet in seinem ihm eigenen Stil seinen Glauben.

Es vergeht kein Tag, ohne daß sich Menschen mit ihren Sorgen, oft auch mit einem Hilfeschrei, aber auch mit ihren Freuden an ihn wenden.

Er bietet uns hier eine Handvoll erlebter Geschichten an. Meditiert ihren möglichen Sinn und läßt sie so zu echten Gleichnissen werden.

Freimütig führt er uns in seine Perspektiven eines Glaubenden, der mit den Problemen dieser Welt konfrontiert ist.

Seine Erzählungen sind Beispiele aus allen Lebensbereichen.

Einfache Begegnungen, wie jene:
- mit jungen Maghrebinern in kalter Winternacht
- mit dem Taxichauffeur, der unvermittelt aus seinem Leben zu erzählen beginnt
- mit dem glücklichen Vater eines eben zur Welt gekommenen Töchterleins
 
Sorgen und Schicksalsschläge vertrauen ihm die Menschen an:
- eine Mutter, die bei einem Bombenattentat ihre Tochter verliert
- eine junge Frau will ihre Schwangerschaft abbrechen
- ein aidskranker Homosexueller, der dem Tode nahe ist
- das Drama Alis, des Ausgestoßenen
 
Ereignisse, die die ganze Gesellschaft betreffen und ihre Sicht der Dinge und ihre politischen Vorstellungen in Frage stellen:
- die Flüchtlinge in der Kirche Saint-Bernard
- die Einpferchung von Menschen in unwürdige und billige Sozialbauten und die Zerstörung der Kommunikation, der Palaverbaum ist weg
- das Problem Atombombe und nukleare Bewaffnung
- die Ermordung der Mönche von Tibéhirine
- die freundschaftliche Verbindung zu einem Imam
- die Messe mit Obdachlosen in der Rue du Dragon
- wohin mit der Asche eines Clochards?

 

Der Bischof und aller Aufgabe ist es, nachzudenken über eine Kirche, die mehr denn je im Menschen tiefe Wurzeln schlagen muß, um den Stürmen standzuhalten.

Eine Kirche, die die Freuden und Ängste der Menschen kennt und sie mit ihnen teilt.

Quer durch alle Ereignisse hindurch bekennt Jacques Gaillot seinen lebendigen Glauben, öffnet eine Tür zur Hoffnung, spricht von Liebe, nicht von Belehrung.

Seine Aufgabe als Bischof sieht er vor allem darin, den Verzweifelten und Ausgeschlossenen seine Hand in Liebe und Brüderlichkeit entgegenzustrecken.

In diesem vielseitigen Werk vermittelt Jacques Gaillot den LeserInnen auf sehr lebendige Art wahre Zeugnisse von Begegnungen auf allen Ebenen. Der Bischof von Partenia ist immer mit seinem Volk unterwegs.

Offen und wahrhaftig ermutigt er all jene, die die Knospe in sich tragen, diese zur Blüte zu bringen.

Das Buch ist ab Ende April 1997 in jeder Buchhandlung, oder direkt beim Verlag,
Edition K. Haller erhältlich.