Logbuch: Mai 1998


Der Priester im Container Jugend in Neapel

Ostern im Gefängnis "Papierlose" in Tours

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PS: Partenia in Zahlen Buch: Sonnenaufgang ...

Buch: Knospe, ...

 





 

 

PARTENIA

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Der Priester im Container

 

Alessandro Santoro, ein 32-jähriger Priester, führt mich durch Piagge, ein vernachlässigtes Quartier von Florenz. Durch ihn komme ich mit der Basisgemeinde in Kontakt.
Wo Alessandro hinkommt, da hellen sich die Gesichter der Menschen auf: Wie ein guter Hirte setzt er sich voll und ganz für diejenigen ein, die von der Gesellschaft alleingelassen werden. Vorläufig möchte er weder zum Pfarrer ernannt werden noch eine Kirche bauen - anderes ist dringlicher.
Die Begegnung mit den Zigeunern bildet sozusagen den Höhepunkt unseres Besuches. Von allen abgewiesen, haben sie unter der Autobahn Zuflucht gefunden.
Aber sogar hier werden sie von der Polizei gejagt.

Die Zigeuner versammeln sich und sind froh, uns empfangen zu können. Ich lasse mich auf einem improvisierten Sitz nieder und betrachte ihre wunderbaren Kinder, die mich mit schelmischen Blicken mustern. Das Wetter ist herrlich. Wir fühlen uns wohl miteinander.

Alessandro hat seine Wohnung einem jungen Vater und seiner Tochter überlassen und wohnt nun in einem Container.
Mit der Basisgemeinde zusammen weist er auf einen unerhörten Skandal hin: Während in Florenz
15 000 Wohnungen leer stehen, gibt es viele Familien, die keine anständige Bleibe finden.
Der Kardinal von Florenz, der mich in seinem großartigen, aber irgendwie toten Palais empfangen hatte, hat Alessandro in seinem bescheidenen Unterschlupf aufgesucht.
Vielleicht hat er sich - wie ich - die Frage gestellt: "Ohne Arme ist die Kirche nicht sie selbst; aber wird sie jemals soweit sein, dass sie die Kirche der Armen ist?"

 

 

 

 

 

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Jugend in Neapel

 

Ich hatte sowohl in Neapel wie auch in Salerno das Vergnügen, mit 15- bis 18-jährigen Schülern den Vormittag zu verbringen. Es waren ihrer etwa zweihundert. Sie waren aufmerksam, ohne Komplexe, und man sah ihnen die Freude am Leben an.

Ich begann mit den Worten: " Wegen den Wolken habe ich heute früh den Vesuv nicht gesehen. Aber ich sehe euch, ihr seid mehr wert als der Vesuv." Das genügte, um ein herzliches Lachen hervorzurufen. Der Funke sprang über.

Vor allen anderen traten sie nach vorn, um am Mikrofon ihre Fragen zu stellen:

"Was läßt Sie leben?" - "Zweifeln Sie an Gott?" - "Woran leiden Sie am meisten?" - "Kann man mit Haß leben?" - "Kann man Erfolghaben, ohne die anderen zu beseitigen?" - "Gibt es eine Chance, dass die Ausgegrenzten in Zukunft weniger zahlreich sein werden?"

Ihre Fragen wurden - öfter als meine Antworten - mit Applaus bedacht. Es war überhaupt nicht langweilig mit ihnen zusammen ... Sind sie nicht mehr wert als der Vesuv?

 

 


 

 

 

 

 

 

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Ostern im Gefängnis

 

Wir sind in einem großen Saal eingeschlossen, eingepfercht. Ausnahmsweise wird es drei Stunden dauern. Aber uns kommt es vor wie eine einzige Stunde, so sehr freuen wir uns, zusammen Ostern feiern zu können. In einer Atmosphäre der Freundschaft, der Besinnung, des Gebetes.

Jesus ist mitten unter uns, wie er es versprochen hat. Durch seine Gegenwart wird sein Wort lebendig; es kündigt die Auferstehung an, den Übergang vom Tod zum Leben, die Überwindung der Mauern, des Gitters vor unserem Herzen.

Dann erhebt sich mächtiger Gesang: "Steh auf und geh!"

Ich werde mich noch lange an diese Osterfeier im Gefängnis erinnern. In einer solchen Feier kommt das Gute, das in jedem von uns verborgen ist, zum Vorschein.


 

 

 

 

 

 

 

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"Papierlose" in Tours

 

Das Komitee der Patenschaften für Papierlose hat ein Treffen organisiert. Man lädt mich ein, dort das Wort zu ergreifen. Es ist ein äußerst heikler Moment: Kirchen werden von Papierlosen besetzt, am Flughafen von Roissy wird demonstriert, um gegen die Abschiebung von Ausländern zu protestieren, das Innenministerium reagiert immer härter.

Von der Rednerbühne aus schaue ich auf die Zuhörer: Welch ein Potential an Energie und Engagement! Wie viele Kämpfe haben diese Leute schon geführt, wie sehr haben sie sich in Vereinigungen, Gewerkschaften und Kirchen für ihre Ideale eingesetzt!

Sie sind immer noch da und bereit, aufs neue auf die Barrikaden zu steigen, trotz allen Risiken, trotz allen entmutigenden Entwicklungen. Für sie bedeutet Solidarität nicht ein befristetes Engagement.

Viele melden sich zu Wort. Ein junger Marokkaner spricht gleich von seiner verzweifelten Lage: "Ab morgen habe ich keine Aufenthaltserlaubnis mehr, aber ich will nicht weg. Mein Leben und meine Wurzeln sind hier."

Der Ton der Diskussion ist würdig und realitätsbezogen. "Bürgerschaft" ist kein leeres Wort. Ein Hoffnungsschimmer leuchtet auf.

Die Papierlosen von Tours sind nicht allein. Nach dieser Abendveranstaltung wissen sie, dass wir auf ihrer Seite sind - zum Handeln bereit.



 

Jacques Gaillot

 

 

 

 



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PS: Partenia in Zahlen, 1997

 

Im Monat, Anzahl Seiten vorgestellt im Internet: 175

Gesamtzahl - Homepages während eines Jahres, publziert in sieben Sprachen: 63'875

Geamtzahl von Internetbesuchern bei Partenia: 92'000

Zunahme von Besuchern innerhalb eines Jahres: 22'000

Besucher pro Monat bei Partenia im Internet: 7'660

E-mail an Bischof Jacques Gaillot: 2'300

E-mail an den Webmaster: 346


 







 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sonnenaufgang in der Wüste
Ich wähle die Freiheit

Jacques Gaillot

Original: Je prends la liberté

Als Jacques Gaillot noch Bischof von Evreux war, beschäftigte er die Kirche Frankreichs. Seit er am Freitag, den 13. Januar 1995, als Bischof von Evreux abgesetzt und an den Wüstenort Partenia strafversetzt wurde, beschäftigt er die Weltkirche. Aber nicht nur die Kirche: Auch jene Menschen, die schon lange nicht mehr entlang den kirchlichen Vorgaben leben, orientieren sich an ihm und hungern nach seinen Worten und seinen zeichenhaften Aktionen.

Der Journalist Jean-Claude Raspiengeas hat sich mit Jacques Gaillot zusammengesetzt, um diesem Menschen auf die Spur zu kommen. Die im Buch Je prends la liberté gesammelten Gespräche vermitteln eine packende Persönlichkeit: packend in ihrer selbstverständlichen Liebe, packend in ihrer klaren Sicht der Zusammenhänge, packend in den ungeduldigen Forderungen an die Kirche.

Wie in keinem der anderen Bücher geht Jacques Gaillot auf seine eigene Person ein: Er erzählt von seiner Kindheit und Jugend in Saint-Dizier, von den Träumen und Zweifeln, die ihn als jungen Mann heimgesucht haben, von der Ausbildung im Seminar, von den Einsätzen im Algerienkrieg, von den verschiedenen kirchlichen Aufgaben, die ihm vor dem Einsatz als Bischof von Evreux anvertraut waren, von der Einsamkeit und der Fülle der Begegnungen eines Bischofs.

Es wird für die LeserInnen des Buches deutlich, daß Jacques Gaillots Engagement eine ganz persönliche Biographie besitzt. Da ist ein Mensch vorbereitet worden oder wie er selber es gern ausdrückt: da ist ein Mensch geschützt worden, damit er später anderen zum Schutz werden kann. Zugleich macht der biographische Hintergrund aber auch klar: Da hat ein Mensch einen inneren Auftrag erhalten, der sich weder durch die familiären Zusammenhänge noch durch die kirchliche Prägung erklären läßt. In Jacques Gaillot ist der Kirche eine prophetische Existenz geschenkt worden, mit der sie sich wie immer bei Propheten nur schwer zurechtfinden kann.

Als Prophet tritt Jacques Gaillot auf, wenn es um die Randfiguren der Kirche geht. Er möchte sie in die Mitte stellen. Denn am Umgang mit ihnen entscheidet sich die Echtheit der Kirche. Zu den Randfiguren gehören nach ihm: die Armen, die Obdachlosen, die Flüchtlinge, die Homosexuellen, die verheirateten Priester, die Geschiedenen, die wieder geheiratet haben.

Die kirchliche Ordnung verweist sie an den Rand oder demütigt sie zu Empfängern des kirchlichen Mitleids. Jacques Gaillot stellt sie in die Mitte und engagiert sich für ihr Selbstbewußtsein. Als Prophet spricht Jacques Gaillot zudem, wenn er die vorschnellen Absicherungen der Kirche kritisiert, seien es die Absicherungen politischer Art mit den bestehenden Machtgefügen, seien es die Absicherungen kirchenpolitischer Art mit Konzepten, die der Kirche keine echte Erneuerung zumuten, sondern lediglich Rückzugsgefechte im Dienste veralteter Vorstellungen.

Sonnenaufgang in der Wüste Ich wähle die Freiheit erlaubt eine vielseitige Lektüre. Das Buch eignet sich für LeserInnen, die über Jacques Gaillot persönlich mehr erfahren möchten. Die Lebensstationen werden deutlich, aber auch der Mensch mit seinem Charakter. Auf sehr lebendige Art vermittelt das Buch dank seiner Gesprächsform den ungezwungenen Charme, den Witz, das spontane Ringen und die kritische Klarheit von Jacques Gaillots Denken und Sprechen.
LeserInnen, die an der gegenwärtigen Entwicklung und Nicht-Entwicklung der Kirche interessiert sind. Anhand vieler konkreter Beispiele und Situationen schildert Jacques Gaillot selber, was an der Kirche veraltet ist und wie allenfalls die Kirche der Zukunft ausschauen kann. Trotz der vielen beängstigenden Probleme in und rund um die Kirche wird in der Person Jacques Gaillot selber jene Kraft spürbar, die auch mit der Kirche eine Zukunft gestalten kann.
LeserInnen, die persönlich auf einer religiösen Suche sind. Das Engagement Jacques Gaillots in der Kirche, aber auch seine Freiheit, sich durch verhärtete Normen der Kirchenordnung und durch Strafmaßnahmen nicht imponieren zu lassen, werden im Laufe der Lektüre zu einem Maßstab für den eigenen Weg zwischen Eigenständigkeit und Anpassung, zwischen Besinnung und Einsatz.

Ich wähle die Freiheit Je prends la liberté ist ein wertvolles Buch, weil hinter ihm ein Mensch mit seiner ganzen Geschichte und seiner ganzen Liebe steht, ein Mensch, der zudem weiß, daß hinter ihm ein Anderer steht, Jesus, mit seiner ganzen Geschichte und seiner ganzen Liebe.

Je prends la liberté erscheint erstmals auf deutsch.
Sonnenaufgang in der Wüste
Sein Weg in Freiheit durch die Wüste wird zu reden geben. Denn was Jacques Gaillot bei den Bischöfen der französischen Kirche oft vermißt, ist die mangelnde demokratische Auseinandersetzung. Gilt dies nicht auch für den Großteil der deutschen, österreichischen und schweizerischen Bischöfe? Nicht umsonst hat Jacques Gaillot seine Wüstendiözese Partenia auch auf diese Länder ausgedehnt.
 
Das Buch ist ab Ende April 1997 in jeder Buchhandlung, oder direkt beim Verlag, Edition K. Haller erhältlich.


 

 





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Knospe, du trägst die Kraft zur Blüte
Begegnung mit dem Evangelium

Jacques Gaillot

Original: Ce que je crois

Im neuesten Buch erzählt Jacques Gaillot von spontanen Begegnungen. Er eröffnet in seinem ihm eigenen Stil seinen Glauben.

Es vergeht kein Tag, ohne daß sich Menschen mit ihren Sorgen, oft auch mit einem Hilfeschrei, aber auch mit ihren Freuden an ihn wenden.

Er bietet uns hier eine Handvoll erlebter Geschichten an. Meditiert ihren möglichen Sinn und läßt sie so zu echten Gleichnissen werden.

Freimütig führt er uns in seine Perspektiven eines Glaubenden, der mit den Problemen dieser Welt konfrontiert ist.

Seine Erzählungen sind Beispiele aus allen Lebensbereichen.

Einfache Begegnungen, wie jene:
- mit jungen Maghrebinern in kalter Winternacht
- mit dem Taxichauffeur, der unvermittelt aus seinem Leben zu erzählen beginnt
- mit dem glücklichen Vater eines eben zur Welt gekommenen Töchterleins
 
Sorgen und Schicksalsschläge vertrauen ihm die Menschen an:
- eine Mutter, die bei einem Bombenattentat ihre Tochter verliert
- eine junge Frau will ihre Schwangerschaft abbrechen
- ein aidskranker Homosexueller, der dem Tode nahe ist
- das Drama Alis, des Ausgestoßenen
 
Ereignisse, die die ganze Gesellschaft betreffen und ihre Sicht der Dinge und ihre politischen Vorstellungen in Frage stellen:
- die Flüchtlinge in der Kirche Saint-Bernard
- die Einpferchung von Menschen in unwürdige und billige Sozialbauten und die Zerstörung der Kommunikation, der Palaverbaum ist weg
- das Problem Atombombe und nukleare Bewaffnung
- die Ermordung der Mönche von Tibéhirine
- die freundschaftliche Verbindung zu einem Imam
- die Messe mit Obdachlosen in der Rue du Dragon
- wohin mit der Asche eines Clochards?

 

Der Bischof und aller Aufgabe ist es, nachzudenken über eine Kirche, die mehr denn je im Menschen tiefe Wurzeln schlagen muß, um den Stürmen standzuhalten.

Eine Kirche, die die Freuden und Ängste der Menschen kennt und sie mit ihnen teilt.

Quer durch alle Ereignisse hindurch bekennt Jacques Gaillot seinen lebendigen Glauben, öffnet eine Tür zur Hoffnung, spricht von Liebe, nicht von Belehrung.

Seine Aufgabe als Bischof sieht er vor allem darin, den Verzweifelten und Ausgeschlossenen seine Hand in Liebe und Brüderlichkeit entgegenzustrecken.

In diesem vielseitigen Werk vermittelt Jacques Gaillot den LeserInnen auf sehr lebendige Art wahre Zeugnisse von Begegnungen auf allen Ebenen. Der Bischof von Partenia ist immer mit seinem Volk unterwegs.

Offen und wahrhaftig ermutigt er all jene, die die Knospe in sich tragen, diese zur Blüte zu bringen.

Das Buch ist ab Ende April 1997 in jeder Buchhandlung, oder direkt beim Verlag,
Edition K. Haller erhältlich.