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Die Ermordung der Wahrheit
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Vor der Kirche Notre-Dame in Paris haben
sich viele Menschen eingefunden, um gegen die Ermordung von Anna
Politkowskaja in Moskau zu protestieren. |
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- Viele ergreifen auch die Gelegenheit,
ihrer Hochachtung vor dieser mutigen Frau Ausdruck zu geben,
die sich vor nichts fürchtete und ohne jeden Schutz unerschrocken
ihren Weg ging. Sie weigerte sich, sich zu verstecken, sie war
vor Ort. Sie hat es gewagt, ein Tabu zu brechen und über
den schmutzigen Krieg in Tschetschenien zu berichten.
Freunde der ermordeten russischen Journalistin fordern die Wahrheit
über ihren Tod.
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"Anna ist für uns gestorben,
damit wir die Wahrheit erfahren."
"Jedes Mal wenn Putin in einer europäischen Hauptstadt
empfangen wird, werden wir dort sein und ihn fragen, wie es mit
der Bildung einer Untersuchungskommission über den Mord
an Anna Politkowskaja steht." |
Diese Journalistin mit russischer Seele war eine freie Frau in
einem Land, in dem man sich anpassen und denken muss wie diejenigen,
die an der Macht sind. Dort, wo die Pressefreiheit unterdrückt
wird, hat Anna es gewagt zu reden. Und hat den Preis dafür
bezahlt.
Annas Stimme hat man zum Verstummen gebracht, aber seit ihrem
Verschwinden schenkt man ihr mehr denn je Gehör.
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In der Propstei St. Gerold
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Ich bin bezaubert von dieser Gegend im Vorarlberg mit ihren
Bergen und Wäldern. Natur und Harmonie schaffen eine besondere
Stimmung in den Dörfern. Das Kloster ist ein Anziehungspunkt
für zahlreiche Menschen, wegen der Schönheit des Ortes,
aber auch und vor allem wegen des Friedens, den es ausstrahlt.
Der Leiter, ein Benediktiner mit schwarzer Mönchskutte,
ist immer dort, bereit, jeden und jede zu empfangen, als hätte
er nichts anderes zu tun. |
Zu meiner Überraschung stoße ich bei meiner Ankunft
auf eine Gruppe von Deutschen aus der Region Köln, die sich
mit ihrem Pfarrer, den sie sehr schätzen, dort aufhalten.
Es sind freie Christen. Für mich sind es Freunde. |
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- Sie kommen zu meinem Vortrag über die Zukunft des
Christentums. Die Zukunft
sollte sie nicht von Gemeinschaften
von erwachsenen Christen wie sie getragen werden, die für
mehr Menschlichkeit sorgen und Zeugen sind des befreiten und
frei machenden Evangeliums, im Wissen, dass der gegen die Ungerechtigkeit
geführte Kampf die kirchliche Solidarität voraussetzt?
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Die Kirche ist voll während der Eucharistiefeier. Es
ist Erntedankfest. Die Kinder treten zum Altar und legen Körbe
auf die Stufen mit Früchten der Erde und der Arbeit der
Menschen. Beim Vaterunser halten sich die Betenden bei der Hand.
Für die Kinder ist es ein großer Augenblick! |
Im Tagesevangelium ist von einem Teufelsaustreiber die Rede,
der nicht zur Gruppe der Jünger gehört und im Namen
Jesu einen Besessenen heilt. Die Jünger kommen damit nicht
zurecht. Ist das nicht unlauterer Wettbewerb? Jesus fordert die
Menschen auf, offen und vertrauensvoll zu sein. Das Wichtige
ist nicht, dass man zu einer Gruppe gehört, sondern dass
ein Besessener geheilt wird, der unter Ängsten und Selbstentfremdung
leidet.
Ist Gott nicht in all dem gegenwärtig, was den Menschen
frei macht, damit er wieder zu sich selber findet?
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Im Krankenhaus
Wir warten auf die Ambulanzen. Die in den Umkleideräumen
der Turnhalle auf Matratzen ausgestreckten Sans-papiers, die
sich im Hungerstreik befinden, sind damit einverstanden, dass
man sie ins Krankenhaus bringt und dort wieder ernährt.
Es ist der 45. Tag ihres Kampfes und alle sind erleichtert, denn
sie waren entschlossen, bis zum Letzten zu gehen. Ihre Forderung:
Einen rechtmäßigen Status für die Papierlosen,
Unterkünfte für die Familien und das Recht auf Schulbildung
für die Kinder. Die entsprechenden Zusicherungen sind ihnen
gemacht worden.
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Unter dem Applaus der Menge und dem Blitzlichtgewitter der
Kameras werden die Hungerstreikenden einer nach dem andern auf
Bahren heraus getragen. Ich steige in einen Krankenwagen ein,
denn einer von ihnen will, dass ich an seiner Seite bin statt
seiner Partnerin. Damit er sich sicherer fühlt wahrscheinlich.
Er hat ständig Angst vor einer Verhaftung. |
Im Krankenhaus werden wir herzlich empfangen. Der Abteilungsarzt
erwartet uns mit seinem ganzen Team. Die Zimmer sind mit dem
nötigen Komfort ausgestattet, die Untersuchung und die Pflege
können beginnen.
Ein paar Tage später findet in einem großen Saal des
Krankenhauses eine Pressekonferenz statt. Unsere Rekonvaleszenten
werden im Rollstuhl herein gebracht. Vor laufender Kamera bedanken
sie sich bei allen für die Unterstützung. Sie wünschen,
wie alle andern leben zu können. Im Frieden. Eine neue Seite
wird aufgeschlagen.
Ich stehe neben der Schauspielerin Josiane Balasco. Im Laufe
der letzten Tage sind wir Freunde geworden. "Gehen wir einen
Kaffee trinken", sagt sie zu mir, "das wird uns gut
tun." |
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Historische Meilensteine
In Blois (170 km von Paris) findet das Festival "Les
rendez-vous de l'histoire" statt; an einem verlängerten
Wochenende können dort verschiedene Veranstaltungen besucht
werden: Buchmesse, Diskussionsforen, Vorträge, Filmzyklus,
Fotoausstellungen. In einem voll gestopften Hörsaal nehme
ich an einer Diskussion am runden Tisch teil, wo es um die immer
aktuelle Frage "Soll man die Armen ernähren?"
geht.
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Sie wird am Tag aufgeworfen, an dem der Friedensnobelpreis
einem Mann aus Bangladesh verliehen worden ist, dem Bankier der
Armen, für seinen Kampf gegen das Elend. |
Es ist diesem Mann gelungen, den Armen die Verantwortung
für ihre Arbeit zu übertragen und sie zu selbstständig
handelnden Menschen zu machen. Er hat sich nicht damit zufrieden
gegeben, ihnen zu helfen. Wenn den Armen die Hand gereicht wird,
sodass sie sich aus der Misere befreien können, dann wird
dem Frieden der Weg geebnet.
Der Mangel an Nahrung ist immer noch für viele ein großes
Problem, es ist ein ständiger Überlebenskampf.
Den Armen beistehen bedeutet, sie in ihrer Lage zu belassen,
ausgeschlossen und unselbstständig. Es gibt eine Art des
Schenkens und Spendens, die die Unterschiede aufrechterhält.
Die Gleichheit wird durch den Austausch erreicht. Die Armen
müssen nicht mehr nur Beschenkte sein, sondern zu Partnern
werden.
Deshalb ist die die Achtung des Rechts unabdinglich. Die tätige
Nächstenliebe muss mit der Gerechtigkeit einhergehen. |
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Aber "der Mensch lebt nicht vom Brot allein."
Viele Teilnehmer verlangen für die Armen das Recht auf den
Zugang zur Kultur. |
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