Logbuch: Juni 2006

  In Kamerun Im senegalesischen Konsulat
  Diskussionsforum gegen die Homophobie
 

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In Kamerun

port de Douala Ich war zum ersten Mal in diesem Land. Zuerst machte ich mit der Handelsmetropole Douala und ihrem großen Hafen am Ozean Bekanntschaft, dann mit der politischen Hauptstadt Yaoundé. 

Die Kameruner staunten nicht schlecht, als ich ihnen sagte, dass mein Reiseziel Moloundou sei! Dort, im abgelegensten Dorf Kameruns an der kongolesischen Grenze , sind sie noch nie gewesen, aber sie wissen, dass Moloundou weit weg ist und dass die Route gefährlich ist. Das weckt natürlich ihre Neugier. Warum wollen Sie dorthin fahren?

Weil mich Mathias, ein kamerunischer Pastor der Pfngstgemeinde, eingeladen hat. Vor ein paar Jahren haben er und seine Frau sich entschlossen, die Pfarrstelle in Douala aufzugeben und sich bei den Pygmäen niederzulassen, die an den Rand gedrängt werden und bedroht sind. Man hält ihn für verrückt. 

invité chez les Pygmées


Ein neues Leben hat dort für ihn, seine Frau und seine kleinen Kinder begonnen. Mathias fühlt sich isoliert. Er möchte gern, dass ich ihn besuche, schaue, wie er arbeitet, und ihm Mut mache, weiterzumachen. Seine Entscheidung hat für mich einen evangelischen Charakter, darum habe ich beschlossen, ihn dort aufzusuchen.

long voyage Mathias ist 1300 Kilometer gereist, um mich am Flughafen zu empfangen. (Er hat mich auch begleitet, als ich wieder abreiste, hat nicht gezögert, so weit zu reisen, damit ich nicht allein bin.) 

Die Fahrt nach Mouloundou dauert drei Tage. Es ist heiß und feucht. Die Vegetation ist überaus üppig. Ich bin entzückt beim Anblick der blühenden Bäume, der Schmetterlinge mit den langen Flügeln. Ich bin der einzige Weiße im Taxibus, in dem wir eingepfercht sind, die ganze Woche lang. Mit Holz beladene LKW fahren uns regelmäßig entgegen und wirbeln jedes Mal eine Staubwolke auf, die unsere Gesichter und unsere Kleider verändert. Ein heftiges Gewitter entlädt sich. Der Staub ist weg, aber der Weg ist kaum noch passierbar.

Täglich fahren in Kamerun 300 Lastwagen aus dem Wald heraus, beladen mit riesigen Baumstämmen, und nehmen Kurs auf den Hafen von Douala. Unfälle sind nicht selten, ich selber habe drei Ladungen im Strassengraben liegen sehen. 

destruction de forêt équatoriale


avec jeunes orphelins Ich wohne im ärmlichen Haus des Pastors. Es fehlt nicht an Bewohnern: Da sind nicht nur seine Kinder, sondern auch Pygmäen-Waisenkinder, die er aufgenommen hat. Das Wasser holt man sich am Brunnen.

Wenn es dunkel wird, wird eine Petroleumlampe angezündet. Ich sitze in der abendlichen Stille mit Mathias und seiner Frau vor dem Haus am Straßenrand. Moskitos umschwärmen uns, während wir uns unterhalten. 

avec Mathias et son épouse

 
Der Regenwald ist überaus eindrücklich. Er wird Primärwald genannt. Bäume mit riesigen Stämmen wachsen in einem Gewirr von Lianen und Büschen. Man hört Vogelstimmen. 50, 60 Meter hohe Bäume überragen den unendlichen Wald.
 
Und hier treffe ich auf die Pygmäen, die hier Bakas genannt werden. Der Wald ist ihr Leben; hier finden sie ihre tägliche Nahrung. 

leur vie c'est la forêt


Sie sind zurückhaltend, aber aufmerksam, nehmen den Fremden ganz selbstverständlich auf. Die meisten Namen stehen in keinem Zivilstandsregister. Mathias und andere Christen versuchen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, ihnen die Möglichkeit zu geben, eine Schule zu besuchen und medizinische Versorgung zu erhalten. Außerdem werden Ölpalmen gepflanzt, was die Bakas mit Hoffnung erfüllt.
 
déforestation menace leur avenir Der Wald ist das Opfer der Gier ausländischer Konzerne. Seine Zerstörung aus kommerziellen Gründen bedeutet eine Vergeudung der natürlichen Reichtümer der Menschheit. Nach und nach verschwinden Flora und Fauna. Wer aber den Wald zerstört, zerstört die Lebensgrundlage der Pygmäen, bedroht ihre Zukunft. 
     
   

Im senegalesischen Konsulat

Fünf Senegalesen sind von der Polizei verhaftet und inhaftiert worden, um nach Senegal ausgeschafft zu werden. Das Konsulat stellt zuerst fest, ob es sich tatsächlich um Senegalesen handelt. Damit man diese Personen ins Flugzeug steigen lassen kann, um sie in ihr Land zurückzubringen, braucht es Passierscheine, die vom Konsul unterschrieben werden müssen.

contre expulsion Wie üblich setzen die Hilfsorganisationen alle Hebel in Bewegung, um diese Ausschaffungen zu verhindern. Für die Sans-papiers ist es eine Schande und eine Demütigung, in Handschellen in die Heimat zurückzukommen. 
 
Normalerweise schickt ein Senegalese jeden Monat 50 Euro an seine Familie. Das ist eine ansehnliche Summe, von der eine Familie einen ganzen Monat leben kann. 

pour la famille


Eine Delegation möchte zum Konsul vorgelassen werden, um ihn zu bitten, keine Passierscheine zu erteilen. Wir werden sogleich empfangen. Aber unterdessen sind die Senegalesen freigelassen worden. Der Konsul hat nicht unterschrieben.
Während einer ganzen Stunde sind wir bei ihm und er sagt uns in aller Bescheidenheit, die Freilassung sei auf unsere gemeinsame Aktion zurückzuführen. Der Konsul hat standgehalten, trotz allen Abkommen, die es zwischen Senegal und Frankreich gibt und den Druckversuchen, denen er ausgesetzt war. Im vergangenen Jahr hat er nur 60 Passierscheine signiert. Im gegenwärtigen Zeitpunkt sind 175 000 Senegalesen hier, davon etwa 45 000 mit Papieren.
Der Präsident der Republik Senegal wird Frankreich für eine Woche besuchen. Eine gute Gelegenheit, um ihm zu begegnen. Der Konsul ermutigt uns, diesen Schritt zu tun. Der senegalesische Botschafter wird kontaktiert. Wir werden den Präsidenten bitten, für die Legalisierung aller Sans-papiers aus Senegal einzutreten.
   

 

     
   

Diskussionsforum gegen die Homophobie

contre l'homophobie Im Rahmen des Welttags gegen die Homophobie ist am Sitz der kommunistischen Partei eine Podiumsdiskussion angesetzt worden mit dem Titel "Vom Kampf gegen die Diskriminierungen zur Emanzipation". 

Ich habe der Einladung Folge geleistet und wohne einer originellen und nützlichen Diskussionsrunde bei. Politiker, Gewerkschafter und Vertreter von Hilfsorganisationen ergreifen reihum das Wort. Heute noch bekommen Homosexuelle und Transsexuelle am Arbeitsplatz, in der Schule und auch am Ort, wo sie wohnen, täglich mehr oder weniger offen die Abneigung der Gesellschaft zu spüren. Reaktionäre Aussagen tragen wesentlich dazu bei, dass in einem Klima von Verachtung und Intoleranz die gewalttätigen Ausschreitungen immer mehr zunehmen.
Die Wortmeldungen im Saal häufen sich. Ein junger Mann mit gefärbten Haaren steht auf und spricht, ohne irgendwie heftig zu werden, über die Beschimpfungen, mit denen ihn seine Kameraden am Gymnasium wegen seiner Homosexualität eindeckten. Niemand hat ihm geholfen. Er wurde von der Schule gewiesen. Dieses Statement bildet den Auftakt für eine ganze Reihe von bewegenden Berichten.

Ablehnung der anderen, gemeinsames Sich-Abkapseln, Verweigerung der Unterschiede, Ängste, Scham: all das muss durch Dialog und neue gesetzliche Bestimmungen geändert werden. 

combattre par le dialogue

Wie soll die Situation im Alltag verbessert werden? Welche Rolle sollen die Schulen spielen, wie soll im Berufsleben, in den territorialen Gemeinschaften und bei den politischen Behörden vorgegangen werden? Die Kirchen werden gar nicht erwähnt.
Wie denen helfen, die schweigen, die sich zwingen, die Abneigung gegen Homosexualität zu teilen, die sich in die Lüge flüchten, in risikoreiche Praktiken oder in den Suizid?
Nach dem Podiumsgespräch wird ein Getränk organisiert; viele von uns bleiben noch, um etwas zu trinken und um Bekanntschaften zu schließen.