Logbuch: Mai 2006

  Stimmrecht für Immigranten La Rochelle
  Gegen eine Wegwerf-Immigration Gründonnerstag
 

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Stimmrecht für Immigranten

vote des immigrés Saint-Denis nördlich von Paris ist eine Stadt von 95 000 Einwohnern vorwiegend aus einfachen Schichten und wo 71 verschiedene Nationalitäten nebeneinander leben. Mehr als 25% der Bewohner haben nicht die französische Staatsbürgerschaft. 
 
Und doch sind sie vollwertige Bürger, sie zahlen ihre Steuern, machen in Vereinen mit, engagieren sich im gesellschaftlichen Leben… Aber man verweigert ihnen das Recht, abzustimmen oder für ein öffentliches Amt auf lokaler Ebene zu kandidieren.
Ist das nicht ein elementares demokratisches Recht? Frankreich ist eines der letzten Länder in Europa, die diese Gesetzgebung aufrechterhalten.
Der kommunistische Bürgermeister von St-Denis und der Stadtrat haben eine Volksabstimmung über das Stimmrecht der Immigranten in die Wege geleitet. Die Bevölkerung kann sich dazu äußern, und zwar alle Nationalitäten.

Im Stadthaus herrscht Hochbetrieb, sehr viele Leute sind hier, es ist ein richtiges Fest. Ich bin als Gönner der Abstimmungsbüros auch dabei. Die Immigranten kommen, geben ihren Stimmzettel ab; sie spüren die Anerkennung ihrer Würde. 

vote des étrangers


Auf die Frage:"Sind Sie für das Stimm- und Wahlrecht der Ausländer an lokalen Abstimmungen?" haben 64% mit Ja geantwortet. Ein schöner Erfolg.
Diese Initiative wird andere Städte dazu ermuntern, dasselbe zu wagen. Wenn die Basis in Bewegung gerät, besteht Hoffnung, dass die Politiker die Botschaft hören werden.
     
   

La Rochelle

La Rochelle Ich bin mit dem Zug in dieser schönen Stadt am Ufer des Atlantiks angekommen. 

Es regnet in Strömen. Ich steige aus dem Zug und bin froh, dass mir eine Frau ihren Regenschirm gibt. Mehrere tausend Personen haben sich auf einem Platz versammelt, wo wir uns an Ständen mit Sandwichs und Getränken verpflegen können.

Die anwesende Menge zeigt das Maß der Unterstützung. Viele Gewerkschafter sind von überall her gekommen, um für ihre vier Kameraden, deren Prozess unmittelbar bevorsteht, einen Freispruch zu verlangen.

mobilisation

Immer wieder treffe ich Leute; ich unterhalte mich mit vielen, meine Anwesenheit wird geschätzt.Während sich der Demonstrationszug Richtung Stadtzentrum in Bewegung setzt, gehe ich zum Gerichtsgebäude; bald sitze ich inmitten der Angehörigen der Beschuldigten.
Man wirft den "Quatre de La Rochelle" vor, während einer Demonstration von 1500 Personen beim Gebäude des Arbeitgeberverbands Feuer gelegt zu haben. Sie leugnen dies. Wenn sie verurteilt würden, wäre dies eine unüberhörbare Botschaft für jeden, der in Versuchung kommen könnte, den Kopf wieder zu erheben. Zahlreiche Zeugen sagen aus, dass die Angeklagten Familienväter sind, gewaltlose Gewerkschafter…
Die Stunden vergehen. Ich beginne mich zu langweilen. Ich muss den Zug nehmen, ohne den Ausgang des Prozesses zu kennen.
Ich kann aber den Medienvertretern nicht entgehen und sage ihnen: "Ich denke, die "Vier von La Rochelle" sind keine Brandstifter. Die wahren Brandstifter sind die, welche die Ungerechtigkeit aufrechterhalten."
   

 

     
   

Gegen eine Wegwerf-Immigration

Die sonnenüberflutete Place de la République ist voll von jungen Leuten. Der Platz ist für den Verkehr gesperrt und von einer begeisterten Menschenmenge in Beschlag genommen worden. Ganze Trauben von Jugendlichen hängen am Denkmal in der Mitte, das zum Ruhme der Republik errichtet worden war. Noch nie hat es so schön ausgesehen wie jetzt. Auf einer riesigen Bühne treten Musiker in Aktion und fachen die Begeisterung an.
Ich versuche mir einen Weg durch die Menge zu bahnen und habe Mühe, die Leute zu erkennen, die mich grüßen. Viele Sans-papiers sind dabei. Ich nehme die Blätter in Empfang, die mir gereicht werden, unterschreibe Petitionen. Jetzt wäre eine Umhängetasche ideal!

contre l'immigration jetable Der Hauptzweck dieser festlichen Zusammenkunft ist der Protest gegen den neuen, inhumanen Gesetzvorschlag, laut dem nur noch Ausländer aufgenommen werden sollen, die der französischen Wirtschaft nützlich sind. Wer unsere ökonomische Wettbewerbsfähigkeit nicht fördert, soll nicht berücksichtigt werden. 

Frankreich wird sich von irgendwoher kompetente und talentierte Leute holen. Es wird die Qualifiziertesten nehmen, und die armen Länder werden noch ein bisschen ärmer sein. In der liberalen Marktwirtschaft ist der Mensch eine Ware, für eine gewisse Zeit nützlich, und dann kann man sie wegschmeißen.
Was wird aus dem Asylrecht, aus der Familienzusammenführung, aus den kranken Ausländern…?

Wenn dieses Schurkengesetz durchkommt, wird es eine Auswahl- und Wegwerf-Immigration geben.
Es ist die Negation der fundamentalen Menschenrechte, die Verachtung der menschlichen Würde.
 
dignité humaine

Aber die hier anwesenden Leute werden Widerstand leisten. Durch ihren Kampf werden sie zu Hoffnungsträgern für eine Gesellschaft mit menschlichem Antlitz, wo es möglich ist, das Misstrauen durch Offenheit und Aufnahmebereitschaft zu ersetzen.

   

 

     
   

Gründonnerstag

Am Abend gehe ich für die Feier des Abendmahls in eine Wohnung, die sich im vierten Stock befindet. Mit viel Liebe und Sorgfalt ist der Raum hergerichtet worden, mit Polstern ausgestattet, wie das Zimmer, das die Jünger Jesu für die Feier des Passafestes vorbereitet hatten.

aimer jusqu'au bout Nicht alle Gäste sind miteinander bekannt. Sie fühlen sich angenommen, anerkannt. 

Und doch sind es Leute, die sich gern als die "Papierlosen der Kirche" bezeichnen. Sie leiden darunter, dass sie nicht mehr zur Kirche gehören; sie stehen am Rand der Kirche und haben keine Hoffnung, dass diese je ihre Ansicht ändern wird ihnen gegenüber.
Nach dem Psalmengesang hören wir das Evangelium: "Jesus hatte die Seinen immer geliebt und liebte sie bis zum äußersten Ende."
Dieses "bis zum Ende" berührt uns: Wie hat Jesus bis zum Letzten lieben können?
Durch die unerhörte Geste der Fußwaschung, was ja eine Sklavenverrichtung ist. Die Geste der Unterwerfung.
Durch die Eindringlichkeit, mit der er seine Jünger auffordert: "Liebt einander, wie ich euch geliebt habe."
Durch die Freiheit, mit der er sich seinen Jüngern, mit denen er eins ist, anvertraut und seine Hingabe dadurch ausdrückt, dass er Brot und Wein nimmt.

lumière de Pâques Friede erfüllt unsere Gruppe. Die Gesichter drücken es aus. Was wir austauschen, erhält eine Dimension der Tiefe.
Wir teilen das Brot des Lebens. Der Kelch macht die Runde.
Nach dem Freundschaftsmahl heißt es Abschied nehmen.
Jeder soll seinen Weg "bis zum Ende" gehen, die Liebe "bis zum Äußersten" leben.