Logbuch: Mai 2005

  Mörderisches Feuer Palästinensische Gefangene
  Kinderschutz  Hausbesetzung
 

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Mörderisches Feuer

22 Personen, darunter 11 Kinder, sind dem furchtbaren Hotelbrand mitten in der Nacht in Paris zum Opfer gefallen. Viele wurden schwer verletzt. Es ist eine der schlimmsten Feuersbrünste, die die Hauptstadt je heimgesucht haben.
Die Opfer stammen aus afrikanischen Familien, die sich in einer prekären Situation befinden, die von den Sozialdiensten der Stadt Paris in einem überfüllten Hotel ohne Notausgänge untergebracht worden waren.

incendie hôtel Opéra Ich bin auch hingegangen, wie viele andere auch, die sich spontan dort versammelt haben. 
 
Der Schock sitz tief, wir verharren in Schweigen.
Dann aber machen sich Entrüstung und Zorn Luft. "Ein Horror!"- "So etwas sollte man nicht mehr sehen müssen, und das in einem Hotel in Paris im Jahr 2005." -"Die Opfer sind immer die Armen."

Seit Jahren fordert die Organisation "Droit au logement" (Recht auf Wohnung), der ich angehöre, dass man aufhören soll, Familien in Hotels unterzubringen, ein Notbehelf, der die Allgemeinheit sehr viel kostet, unangemessen und oft auch gefährlich ist. Die Hotelbetreiber können sich so auf dem Buckel der Armen bereichern. Viele tausend Familien sind unter solchen Umständen in Paris und auf dem ganzen Gebiet der Ile de France untergebracht.

Wir verlangen die Anwendung des Rechts auf Beschlagnahme leerstehender Gebäude in Paris. Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Am folgenden Tag sind wir wieder am Unglücksort. Es herrscht ein unbeschreibliches Gedränge in den engen Straßen. Die Sprechchöre der Afrikaner drücken ihre Wut aus: "Nie mehr so etwas!" - "Wir haben es satt!" - Fernsehen und Mikrophone versuchen, mich in diesem Lärm zu interviewen. Den Afrikanern fehlen die Papiere und mir fehlt die Stimme...
     
   

Palästinensische Gefangene

Die Solidaritätskomitees zu Gunsten von Palästina organisieren einen Diskussionsabend über das Thema der Menschen, die wegen des israelisch-palästinensischen Konflikts im Gefängnis sitzen.
Ich bin froh, auch eingeladen worden zu sein und das Wort ergreifen zu können. Der Empfang im Pfarrsaal, wo jeder Platz besetzt ist, ist herzlich; auf den Tischen erwarten uns palästinensische Speisen.

Eingeleitet wird der Abend durch die Vorführung des bemerkenswerten Films "Enfance volée" (Gestohlene Kindheit) von Saed Adoni. Ich sitze neben Omar, dem jungen Präsidenten der palästinensischen Studenten. Er spricht von der aktuellen politischen Situation in Palästina.
Was er sagt, klingt für mich sehr pessimistisch.
Der Israeli Yoav ist Militärdienstverweigerer aus Gewissengründen. Er legt ein mutiges Zeugnis ab. Den Dienst in der Armee verweigern, es abzulehnen, Waffen zu tragen - das hat schwere Folgen.
Lana, die Präsidentin des Komitees, bringt das ganze Leid der Familien der Gefangenen zum Ausdruck.

Die palästinensische Bevölkerung zählt 3 Millionen und man kann sagen, dass beinahe jeder Mann irgendwann mal in einer israelischen Strafanstalt gesessen hat. Gegenwärtig gibt es 8000 Häftlinge, davon 128 Frauen und 380 Jugendliche von 11 bis 16 Jahren.

mur d'apartheid Die Kolonisation versucht, den israelischen Widerstand durch massive und willkürliche Inhaftierungen zu brechen.
Gleichzeitig schließt eine 8oo Kilometer lange Apartheidmauer das palästinensische Volk im größten Gefängnis der Welt ein.
 

   

 

     
   

Kinderschutz

Afrikanische Sans-Papiers-Familien haben die Lokalitäten des Pariser Komitees von Unicef France besetzt und bitten diese Organisation, deren Aufgabe der Schutz der Kinder ist, um Hilfe.
Diese Familien versuchen so den Massenverhaftungen zu entgehen, die zur Folge haben, dass die Präfekturen diese Menschen vermehrt in großen Zentren zusammenführen. Sie wissen, dass ihre Kinder in der Schule nicht mehr sicher sind, seit die Polizei nicht mehr zögert, in die Schulhäuser einzudringen, um die Schüler zu befragen.

droit des enfants 

Vor einem Monat sind zwölf Männer in den Hungerstreik getreten. Ich besuche sie regelmäßig. Während einer Pressekonferenz erklärt einer: "Ich tu das für meine Kinder. Sie sind das Licht meines Lebens. Ich will, dass sie normal leben und eine Ausbildung haben können wie die andern Kinder. Ich bin bereit, für sie zu sterben."
Während ich diese Zeilen schreibe, erhalte ich einen Anruf vom Wortführer dieser Familien. Die Polizei sei gerade angekommen und sperre das Quartier ab. Ein Zeichen, dass die Zwangsräumung unmittelbar bevorsteht.

   

 

     
   

Hausbesetzung

Es ist ein schönes Pariser Gebäude mit 22 Wohnungen, und die werden nun vom neuen Besitzer einzeln verkauft. Für das ganze Gebäude betrug der Kaufpreis 3 500 Euro pro m², und beim Verkauf wird der Quadratmeter 6 000 Euro kosten. Die Mieter, die diesen Preis nicht zahlen können, müssen ausziehen.

situation dramatique Ihnen droht die Zwangsräumung. Ihre Lage ist genau so dramatisch wie die der schlecht untergebrachten Leute. 

Deshalb versammeln sich die Familien, die in Behelfswohnungen leben müssen, vor dem Haus, um der Polizei zuvorzukommen, während ich mit einigen Verantwortlichen der Organisation "Droit au logement" (Recht auf Wohnung) in den fünften Stock hinaufsteige.
Zwei Familien, die selber keine Wohnung haben, richten sich in leeren Wohnungen des Gebäudes ein.

Die Grundstückspekulation macht die Wohnungsnot noch schlimmer. Zu den Problemen der schlecht untergebrachten Personen kommt noch das Problem der Mieter hinzu, die mit Zwangsräumung rechnen müssen. 

mal logés

Diese Bedrohung hat die Mieter zusammengeschweisst. Alle reden miteinander, besuchen einander. Die Solidarität, die sie verbindet, erstreckt sich jetzt auch auf die schlecht Untergebrachten. Der gemeinsame Kampf vereint sie.