Logbuch: März 2004 

  Arbeiterpriester  Demonstration gegen das Schleierverbot 
  Wille zum Erfolg Freiheit für Cesare Battisti 
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot
 
   Machtlos, aber frei
 

PARTENIA

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Arbeiterpriester

Vor fünfzig Jahren, am 1.März 1954, erfolgte die rücksichtslose Verurteilung der Arbeiterpriester. Das kategorische Verbot von Papst Pius XII. Es war eine Tragödie. Damals zählte ihre Gruppe kaum hundert Personen. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen beschloss, die Arbeit weiterzuführen. Einen von ihnen kenne ich gut, er war für mich immer ein mutiger Zeuge des Evangeliums.

compagnons de travail Heute sind sie nicht mehr sehr zahlreich. Die Wenigen, die aus jener Zeit übrig geblieben sind, wollten die Bedeutung ihres damaligen Engagements zum Ausdruck bringen. 

An der Seite ihrer Arbeiterkollegen sind sie für Werte eingestanden, die ihnen wichtig sind: "Solidarität im Leben und in der Arbeit, eine Würde, die oft mit Füßen getreten, aber immer eingefordert wurde, und vor allem der Ruf nach der Gerechtigkeit, die von den Besitzenden und Mächtigen verspottet wurde. Die Gerechtigkeit als Recht und nicht als demütigendes Almosen."

Diese von der Institution abgelehnten Arbeiterpriester vertraten die Kirche in einem kirchenfernen Umfeld.

Hier ihre Schlusserklärung: "Eine Feststellung drängt sich uns auf: Die Unfähigkeit der institutionellen Kirche, die anderen Kulturen anzunehmen, und der Wille des Menschen, als freies und verantwortungsbewusstes Individuum an der Welt mit zu bauen. Frei von nachtragenden Gedanken, können wir nun sagen, dass uns diese Jahre den Frieden gebracht haben."

     

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Demonstration gegen das Schleierverbot

Der Demonstrationszug bewegte sich in Richtung Place de la Nation. Viele verschleierte Frauen waren darunter. Ich las mit Interesse, was auf den Spruchbändern stand, und hörte den Rednern zu.
"Niemand lässt sich Sand in die Augen streuen: Das Verbot der religiösen Symbole in den Schulen richtet sich in erster Linie gegen das islamische Kopftuch. Seit sechs Monaten ist nur noch davon die Rede. Was man vom Kopftuch auch halten möge und von der Weigerung, es in der Schule abzunehmen - eine derart rigorose Maßnahme wie der Ausschluss aus der öffentlichen Schule ist damit nicht gerechtfertigt."

porter le foulard Noch interessanter waren die Aussagen der Frauen: "Dieses Gesetz wird als "feministische" Maßnahme präsentiert, die die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau fördern und ein Symbol der Unterdrückung aus der Welt schaffen soll. 
 
Wir sind zwar dagegen, dass die Frauen gezwungen werden, das Kopftuch zu tragen, wir sind aber auch dagegen, dass andere Frauen gezwungen werden, das Kopftuch abzunehmen. Die Emanzipation gelingt nicht durch Zwangsmaßnahmen, sondern durch die Eroberung der Rechte. Die großen feministischen Kämpfe waren nie mit Repressionsmethoden verbunden. Wir haben immer um Rechte gekämpft."
Die Frauen waren sich einig: Dieser Gesetzentwurf wird überhaupt keine Lösung sein.
   

 

     
   

Wille zum Erfolg

Ich treffe einen Freund, der in der Banlieue von Paris eine Schule leitet: Er ist noch jung; seit vier Jahren kämpft er um ein besseres Image seiner Schule.

la volonté de réussir Von den 450 Schülern sind viele maghrebinischer oder afrikanischer Abstammung. Seit kurzer Zeit gehören auch etwa dreißig Gehörlose dazu. Die Schüler stammen aus Familien, die in Schwierigkeiten sind. Sehr oft muss die Frau die Kinder allein erziehen. 

Der Schuldirektor ist klein gewachsen und sieht ein bisschen zerbrechlich aus. Aber welch ein innere Energie! Vor nichts hat er Angst. Wenn auf dem Schulhof ein Streit ausbricht, stürzt er sich ins Getümmel und spricht ein Machtwort. Jeden kennt er beim Familien- und Vornamen und irrt sich nie. "Und es heißen ja nicht alle Mohammed oder Fatima", sagt er mir. Das ist seine Stärke.

Er möchte möglichst bei seinen Schülern sein, nicht nur während der Schulzeit, sondern auch sonst. Manchmal verlässt ihn der Mut. Die Gewalt hat stark nachgelassen, und jetzt, mit dem Schnee, ist sie plötzlich wieder da. Vor dem Schulgebäude stecken sie Steine in Schneebälle und zielen damit auf Autoscheiben.
Die Schüler wissen genau, wie er mit ihnen sprechen wird. Er möchte aus ihnen etwas Besseres machen. "Du musst da raus." - Du schaffst es." Und der Erfolg stellt sich ein: Katholische Stadtschulen mit Kindern aus wohlhabenden Familien vertrauen diesem Collège in der Vorstadt die Schüler an, die sie loswerden möchten.
Er wird von Fernsehleuten bedrängt, die eine Reportage über das Kopftuchverbot machen wollen. Er lehnt ab, weil kein einziges Mädchen den Schleier trägt. Sie ziehen enttäuscht ab!

   

 

     
   

Freiheit für Cesare Battisti

Der Italiener Battisti kam vor 14 Jahren nach Frankreich, weil der damalige Präsident der Republik entschieden hatte, Frauen und Männern Asyl zu gewähren, die von der italienischen Justiz bedroht wurden. 1991 lehnte das Berufungsgericht von Paris ein Auslieferungsbegehren ab.

Cesare Battisti Cesare Battisti ist verhaftet worden, als er seinen Briefkasten leerte. Nun sitzt er im Prison de la Santé in Paris.
Es geht nicht an, dass Leute heute fallen gelassen werden, die aufgenommen worden waren.
 

Cesare ist Schriftsteller, er hat eine Familie und führt ein normales Leben. Er hat das ihm entgegengebrachte Vertrauen nicht missbraucht.
Die italienische Gemeinschaft und seine zahlreichen Freunde sind in Aufruhr. Die politischen Flüchtlinge aus Italien bekommen Angst. Morgen werden sie an der Reihe sein. Man spielt doch nicht mit dem Leben der Menschen.
Der Widerstand formiert sich umgehend. An einem Samstagnachmittag versammeln sich trotz Schulferien und einem wichtigen Rugbyspiel 200 Personen. Die Solidarität kommt ins Rollen, Initiativen werden vorbereitet.
Eine nicht bewilligte Demonstration vor dem Gefängnis ist vorgesehen. Cesare soll vorläufig, bis zur Gerichtsverhandlung, auf freien Fuß gesetzt werden.