Logbuch: Februar 2003 

  Ranas Hochzeit  GVO = Gefahr 
  Wie sollen die Sans-papiers Weihnachten feiern?
  Unterstützung für die Roma  Partenia - Fenster zum Planeten 
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot
 
   Neues Buch: Machtlos, aber frei
 

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Ranas Hochzeit

mariage de Rana Die Organisation Solidarité palestinienne 18 hat mich eingeladen, im Kino les 3 Luxembourg eine Gesprächsrunde zu leiten. Ich kann nicht absagen, wenn es um die Sache der Palästinenser geht. Und so sehe ich mir nach der Kundgebung gegen den Irak-Krieg den Film "Le mariage de Rana" an, der vor der Debatte gezeigt wird.  

Die Entdeckung dieses Films ist für mich ein schönes Erlebnis, wie für die meisten anderen Zuschauer, von denen viele Studenten an der Sorbonne sind. Rana beschließt zu heiraten, in Jerusalem zu bleiben und nicht mit ihrem Vater nach Ägypten auszureisen. Die Abreise ist um 16.00 Uhr. Da beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, ein regelrechter Hindernislauf. Sobald eine Hürde geschafft ist, droht schon die nächste und die Zeit verrinnt erbarmungslos. Aber im letzten Moment kann die Heirat dann doch stattfinden! Ein Hoffnungsfunke - das Zeichen, dass das palästinensische Volk schliesslich ans Ziel gelangen wird; es wird alle Hindernisse überwinden und eines Tages sich freuen und feiern können.

Erfreut stelle ich zu Beginn der Diskussion fest, dass der zweite Gesprächsleiter kein anderer als Youssef ist, der mit der gleichen Delegation wie ich in Palästina war. Ein Mensch von einnehmender, begeisternder Art. Seine Einschätzungen sind bemerkenswert, vor allem zwei Überlegungen, von denen die eine die Checkpoints betrifft: "Diese Absperrungen haben nicht den Zweck, die Leute daran zu hindern, dass sie passieren, denn zu guter Letzt kann jeder passieren.

Die Militärs wollen aber die menschlichen und sozialen Bindungen der Palästinenser zerbrechen. Sie stören ihre Beziehungen, um sie noch mehr zu isolieren."  briser les relations

Und über die Siedler: "Sie wissen, dass sie niemals dort zu Hause sein werden. Was sie auch tun und sagen, sie besetzen Land, das ihnen nicht gehört. Und aus diesem Grund spüren sie eine dauernde Unsicherheit in sich." In der Tat ein schöner Abend.

     

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Gentechnisch veränderte Organismen - GVO = Gefahr

Es war 06.30 Uhr am Place de la Nation in Paris. Etwa fünfzig Personen hatten sich dort in der Stille der noch schlafenden Hauptstadt versammelt, Filmemacher, Schauspieler, Wissenschaftler, Abgeordnete . . . Wir steigen in die Autos und fahren los. Das Ziel ist unbekannt. Wir wissen nur, dass wir etwas tun wollen für José Bové und die Bauern, die zu harten Gefängnisstrafen verurteilt worden sind.

Wie fast drei Viertel aller Europäer wollen wir keine genetisch veränderten Organismen (GVO), weder auf Feldern, die in Laboratorien verwandelt worden sind, noch auf unseren Tellern.  naturel

Wir denken, dass sie eine Gefahr sind für die Umwelt und die Gesundheit, und wir fordern eine demokratische Debatte über das Thema.

Gegen 10 Uhr durchquert eine lange Autokolonne Châlons-en-Champagne und erreicht dann endlose, mit noch etwas Schnee bedeckte Felder. Beim Cetion-Institut halten wir an. Hier werden Versuche mit genetisch verändertem Raps durchgeführt.

José Bové Wir reißen symbolisch ein paar Pflanzen heraus, um "reinen" Raps an ihre Stelle zu setzen, so wie es José Bové und seine Kameraden getan hatten.  

Blüht uns das gleiche Schicksal wie ihnen? Wir verlassen diese trostlose Gegend, ohne Polizei gesehen zu haben.

   

 

     
   

Wie sollen die Sans-papiers Weihnachten feiern?

Am Samstagnachmittag vor Weihnachten, während in den Kaufhäusern der Galeries Lafayette in Paris ein großes Gedränge herrschte, wollten die Sans-papiers an ihre Existenz erinnern. Ich begleitete ihren Zug. Die Tamtam-Rhythmen und die Transparente bewirkten, dass die Menge nicht mehr in die Schaufenster starrte, sondern auf diese seltsame Prozession von Afrikanern, die da vorbeiging. Wie bei den Stadtmauern von Jericho machten wir - unter dem wachsamen Auge der Polizei - mehrere Runden im Quartier.

Die Demonstranten hielten vor der Kirche Saint Louis d'Antin. Einige stiegen die Treppe hoch, um sich an die Leute zu richten. Da gingen sogleich die Pforten der Kirche zu, um die drohende Invasion zu verhindern. Dem war aber nicht so. Die Besetzung des öffentlichen Raums der Straße genügte uns.

sans-papiers Zuoberst auf der Treppe hielt einer ein Plakat hoch, auf dem stand: "Jesus hat die Fremden aufgenommen, die Kirche vertreibt sie". Am Vorabend hatte die Polizei - die Pfarrer hatten das verlangt - Ausländer aus zwei Kirchen geworfen, die diese besetzt hatten. 

Neben den Stufen sang eine Gruppe lauthals am Mikrofon Weihnachtslieder, um die Sans-papiers zu übertönen. Was sagten diese?: "Am Weihnachtsfest können wir nicht glücklich sein wie ihr, denn wir sind weit weg von unseren Familien, von unserem Land, von unseren Dörfern. Die Grundrechte werden uns vorenthalten: Arbeit, Wohnung, Bewegungsfreiheit . . . Wir kämpfen ununterbrochen um eine Aufenthaltserlaubnis. Könnt ihr Weihnachten feiern, wenn es für uns keinen Platz mehr gibt?".

   

 

     
   

Unterstützung für die Roma

Das Unterstützungskomitee der Roma von Achères (Pariser Banlieue) hatte mich gebeten, mit den Verantwortlichen der Gemeinde zusammenzukommen, um eine schwierige Situation entschärfen zu helfen. Ich verlangte ein Treffen mit den Roma an Ort und Stelle.

Zusammen mit dem Bürgermeister, einem Gemeinderat, Journalisten und einem Fernsehteam begebe ich mich auf einem kaum begehbaren Weg zum Lager der Roma. Wir kämpfen uns durch Schlamm und Abfall. Ein Bild des Jammers. 200 Männer, Frauen und Kinder hausen hier in Wohnwagen, die in sehr schlechtem Zustand sind, oder in notdürftig aufgestellten Hütten. Ich werde von den Familien, die hier schon seit anderthalb Jahren wohnen, sehr herzlich empfangen. Nicht alle haben eine Heizung. Einer der beiden Generatoren funktioniert nicht mehr und die Hälfte der Roma hat kein Licht. Ich werde mich nie an ein derartiges Elend gewöhnen können.

Ich besuche eine junge Frau mit einem drei Wochen alten Baby. Das Kind wird umhegt und umsorgt, obwohl es an allem fehlt! Die Nachbargemeinden gehören zu den reichsten überhaupt.

Wie können sie einen solchen Skandal vor ihrer Haustüre ertragen? 

   

 

     
   

globe Partenia - Fenster zum Planeten 

Am 13. Januar 2003 feierte die virtuelle Diözese Partenia ihren siebten Geburtstag. Das Internet verbindet Partenia mit der ganzen Welt. Die freie Stimme von Partenia "on-line" trifft auf offene Ohren. Sie provoziert Rückmeldungen und Gegenreaktionen zum weiterführenden Dialog.

Ihr, die Besucher unserer Homepage, seid eine zahlreiche Schar - Gläubige verschiedener Religionen, Agnostiker, Atheisten, Freidenker, Gottsuchende... Das bunte Mosaik der Partenia-Internet-Surfer wird ergänzt durch Schulen und Universitäten. Ende letzten Jahres fühlten wir uns sehr geehrt, als wir erfuhren, dass die renommierte "Harvard Business School" unsere Homepage in ihr Lehrprogramm aufgenommen hatte!

Die virtuelle Diözese ist keine Einbahnstraße. Im Diskussionsforum, im Chat und in den Mails nehmen viele mit uns den Dialog auf. 

en dialogue 

Zu unseren Freunden in Europa, Nordamerika, Kanada und Australien gesellen sich immer mehr Besucher aus Ländern Südamerikas, aus Osteuropa und Asien. Auch Afrika ist dabei. Partenia ist keine unbekannte Wüste mehr.

Dank Freunden und freiwilligen Helfern ist es möglich, Partenia in sieben Sprachen leben zu lassen. Die Anzahl Besucher wird immer größer. Der monatliche Durchschnitt von anfangs 7000 ist auf 45'000 angewachsen. Wir möchten an dieser Stelle unseren freiwilligen Helfern für ihre Treue danken. Möge dieses weite Kommunikationsnetz auch künftig ein Zeichen von Menschlichkeit sein.