Logbuch: Oktober 2001 

  Interview mit Abbé Pierre  Zwei Verluste 
  Leben in der Gruppe  Wo ist Gott? 
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot
  Archiv  Partenia auf CD-Rom 
 
 

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Interview mit dem Abbé Pierre

Abbé Pierre u. Jacques Gaillot 

Das kanadische Fernsehen wollte uns beide zusammen interviewen. Ich traf also mit dem von den vielen Kämpfen und Jahren gezeichneten Abbé zusammen. Während des Interviews wurde ich durch eine seiner Aussagen sehr überrascht. Er vertraute uns an, was er in Madagaskar gefühlt hatte, als er Zeuge der Verwüstungen wurde, die ein Zyklon angerichtet hatte.

Seinen Augen bot sich das Bild eines unerträglichen Elends. Ein Elend, das er noch nie in diesem Maße erlebt hatte. Er sagte: "Ich konnte das Schweigen Gottes angesichts dieser Ungerechtigkeit, die den Menschen widerfuhr, nicht begreifen. Ich wurde beinahe zum Gotteslästerer. Ich muss Ihnen gestehen, dass ich seitdem nicht mehr gleich glauben kann wie vorher."

     

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Zwei Verluste

Schlag auf Schlag habe ich zwei Schweizer Freunde verloren, zwei Priester, die mir sehr nahe standen. Einer war ein bekannter, engagierter und manchmal gefürchteter Theologe. Der andere ein Mann der Tat, ein unermüdlicher Kämpfer für die Rechte der Flüchtlinge.

Herbert Haag  Herbert Haag war Professor an der berühmten Universität von Tübingen. Er ließ sich in seinen Äußerungen durch nichts und niemanden beirren, was heutzutage selten ist. Er scheute sich nicht, Themen anzuschneiden, die in der Kirche irritierend wirken. Vor etwa zehn Jahren übergab er mir in Luzern im Zusammenhang mit meinem Wirken in Evreux einen Preis. 
Mehr Informationen zu Professor Herbert Haag finden Sie unter:
"In memoriam Herbert Haag" und in unser Homepage "Link"


Cornelius Koch hatte sich sein ganzes Leben lang für die Flüchtlinge und die Ausgestoßenen unserer Gesellschaft gekümmert. Noch im Krankenhaus kämpfte er für die kollektive Regelung des Problems der in der Schweiz lebenden Papierlosen. Es war eine Ehre, an seiner Seite die Papierlosen von Almeria in Andalusien oder von Freiburg in der Schweiz zu verteidigen.

Diese beiden Priester machen der Kirche Ehre.

   

 

     
   

Leben in der Gruppe

Unsere Delegation in Palästina umfasste 22 Personen, meist Kameraleute, Journalisten, Fotografen.

Bethlehem  Während sechs Tagen wohnten wir zusammen in einem Palästinenserlager unweit von Bethlehem. 

Wir waren sechs Personen in einem Zimmer mit Kajütenbetten. Und auch den ganzen Tag über waren wir zusammen.

Drei von ihnen waren Moslems. Ein anderer sagte mir, er sei zwar getauft und katholisch erzogen worden, er hätte aber die Kirche verlassen, um sich selbst zu verwirklichen. Die Kirche stellt für ihn die Hüterin der Moral dar. Was für ihn zählt, ist Authentizität. Er hat sich von der Kirche befreit, um frei zu sein. Die Übrigen beriefen sich auf überhaupt keine Religion, aber es war ihnen nicht gleichgültig, dass ein Bischof unter ihnen war. In ihrer Mitte sein, wie ein Diener, das ist wichtig. Ich kann nicht für das Evangelium Zeugnis ablegen, solange der andere nicht erfahren hat, dass ich ein Bruder bin für ihn. Wenn ich das Gefühl habe, ihm überlegen zu sein, wird es keine richtige Begegnung geben.

Dank den Palästinensern ergaben sich menschliche Begegnungen, die für alle unvergesslich bleiben werden.  in der Gruppe 

   

 

     
   
Wo ist Gott?
 
sans-papiers  Vor dem Pariser Rathaus fand eine durch Abschrankungen kanalisierte Demonstration von afrikanischen Papierlosen statt. 
 
Wie üblich ein imposanter Polizeikordon zwischen den Demonstranten und dem Stadthaus. Die Transparente flatterten im Wind. Aus dem Lautsprecher ertönten Parolen, die von allen aufgenommen wurden. Tamtam-Rhythmen erfüllten den Platz. Ich befand mich mitten unter den Afrikanern, als plötzlich ein Mann vor mir stand, der zu mir sagte: "Und wo steht Gott?"
 
Ich antwortete sofort: "Gott ist da!" - "Sind Sie sicher?" - "Ja, Gott ist immer auf der Seite der Unterdrückten." - "Ist er nicht auf der Seite der Polizisten?" - "Da Gott auf der Seite der Unterdrückten ist, schließt er niemanden aus."  bei den Unterdrückten 
 
Der Unbekannte stellte eine letzte Frage: "Man wirft Ihnen vor, in den Medien nicht von Gott zu sprechen." - "Für viele Leute ist Gott nicht gleichbedeutend mit Befreiung." Der Mann drückte mir die Hand und sagte: "Ich bin mit Ihnen einverstanden."