Logbuch: Februar 2001 

  Dreikönigsfest - Erscheinung des Herrn
  Adieu Jean-Pôl  Hinausgeworfene Familien 
  Wann wird es im Iran Frühling! Türkische Demostrationen 
  Geschichte von Partenia und Biographie von Bischof Jacques Gaillot
  Archiv  Partenia auf CD-Rom 
 
 

PARTENIA

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Dreikönigsfest - Fest der Erscheinung des Herrn  Europäisches Netzwerk für eine Offene Kirche 

Ich war nach Versailles gereist, um am Treffen des "Europäischen Netzeswerkes für die Kirche der Freiheit" teilzunehmen. Ich war fast am Ziel angelangt, als ich auf der Straße ein Zelt bemerkte; ich ging ohne zu zögern darauf zu, als hätte mich ein Stern dahin geführt.

Ich traf drinnen einen 38-jährigen, von seinem Hungerstreik geschwächten Mann an, Dominique. Er war froh, mich zu sehen und mir von seinem harten Kampf erzählen zu können. Er akzeptierte die ungerechte Behandlung nicht, die er seiner Meinung nach - es ging um seine Wohnung - hatte erleiden müssen.

In einem Haus von Ordensschwestern, ganz in der Nähe, fand also diese Begegnung statt. Während der Feier wurde in kleinen Gruppen das Evangelium besprochen. Als ich an der Reihe war, drückte ich aus, was ich soeben erlebt hatte: "Epiphanie bedeutet Offenbarung, Demonstration. Gott demonstriert, indem er im Freien zur Welt kommt, um seine Liebe zur Menschheit kundzutun. Heute gehen Männer und Frauen auf die Straße, um zu demonstrieren und ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Ganz in der Nähe von hier demonstriert ein Mann auf der Straße. Er ist seit 51 Tagen im Hungerstreik. An diesem Fest der Erscheinung des Herrn wird uns dieses Zeichen gegeben. Erkennen wir heute die Zeichen, die auf Gottes Gegenwart unter uns hinweisen?"

Neben mir ergriff eine Deutsche das Wort: "Ich bin traurig, denn ich bin gestern angekommen, und ich habe diesen Mann im Zelt nicht gesehen. Ich bin an ihm vorbeigegangen, ohne etwas zu bemerken."

     

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Adieu Jean-Pôl

"Ich möchte nicht mehr sehen, wie die Sonne aufgeht.
Ich möchte nicht mehr sehen, wie die Sonne untergeht."
(Jean-Pôl)

Er war wie ein verwundeter Vogel, der nicht wusste, wo er sich niederlassen sollte. Ein Anarchist, kirchenfeindlich eingestellt, überempfindlich, und er ertrug keine Ungerechtigkeit. Manchmal nahm er Drogen oder Alkohol zu sich.

Eines Tages verwirklichte er einen Wunsch, den er schon lange gehegt hatte: Er lud mich in ein Restaurant in Paris ein. Er war überglücklich. Seine Zerbrechlichkeit machte ihn so menschlich. Ich mochte Jean-Pôl. Er erzählte mir von seinem Vorhaben, mit seiner Partnerin, die für ihn alles bedeutete, in der Dordogne neu anzufangen. Ich wusste nicht, dass es ein Abschiedsessen war.
Die Dordogne erwies sich für ihn als Misserfolg, was noch dadurch verschlimmert wurde, dass seine Freundin ihn verließ. Ich erhielt von ihm einen letzten Brief, dem er ein Gedicht beigelegt hatte.

"Nun ist es also so weit, ich hab beschlossen, diese verfluchte Welt von meiner unglücklichen Existenz zu befreien... Ich leide, weisst du. Ich bin voller Hass. Und doch bin ich voll Hoffnung in die Dordogne gekommen.
Ich bin total zynisch. Ich hasse mich. So gern hätte ich mich nützlich gemacht, aber alles, was ich erlebt habe, war erbärmlich.
Es tut mir Leid, mein lieber Jacques, dass ich dir weh tue. Aber was willst du, du bist die einzige Person, der ich mich anvertrauen konnte."

   

 

     
   

 Sie suchen eine Wohnung... Hinausgeworfene Familien 

Zwölf Familien, die eine Woche lang ein der Stadt Paris gehörendes Gebäude besetzt hatten, wurden von der Polizei brutal auf die Straße gesetzt. Sie sahen zu, wie das Treppenhaus demoliert wurde und dann sahen sie voller Traurigkeit, wie der Eingang zugemauert wurde.

Diese Familien weigern sich, in Hotels zu gehen, wo man nicht kochen kann, oder in die alten Elendsbehausungen, wo die Kinder oft krank sind. Sie verlangen von der Stadtverwaltung von Paris eine anständige Wohnung, aber niemand kümmert sich darum.

In dieser Notsituation hatten sie beschlossen, dieses Gebäude zu besetzen, das seit Jahren leer stand, wie 137'000 andere Wohnungen in Paris. Von zehn Wohnungen der Hauptstadt ist eine leer! Während ganze Familien mitten im Winter auf der Straße kampieren.

Eines Abends reißen wir diese Mauer zum Eingang vor laufender Kamera nieder. Mein Blick fällt auf die nicht mehr begehbare Treppe, überall liegt Schutt. Wie viel Verachtung braucht es doch, um eine Treppe zu zerstören, damit dort keine Familien wohnen können!

   

 

     
   

Wann wird es im Iran Frühling!  Wie kann man den Menschen die Freiheit geben... 

Die Iranische Widerstandsbewegung hatte zu einer Informationsveranstaltung über die Menschenrechtssituation in Iran eingeladen. Dr. Saleh Radjavi führte uns in seinem Vortrag ins Innerste dieser Islamischen Republik, die alles andere als republikanisch oder islamisch ist. In diesem Land herrscht die Diktatur der Mullahs, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung durch das Recht auf Repression ersetzt wurde. Die Freiheiten wurden konfisziert. Grausame, unmenschliche, demütigende Bestrafungen werden weiterhin praktiziert: Todesstrafe durch Erhängen, öffentliche Auspeitschungen, Amputationen …

An Fragen fehlt es nicht im Saal. Wie soll man den Frauen die Freiheit geben können in einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung nach der Revolution von Chomeini geboren worden ist? Welches wird der Stellenwert der Religion sein, wenn das Land einmal demokratisch sein sollte? Dr. Radjavi beendet seinen Vortrag mit einer hoffnungsvollen Note: Die Macht muss von der Religion getrennt werden. Die Religion ist nicht etwas Starres. Man sollte die weltliche Seite des Korans entdecken und ihn auf moderne Art interpretieren.

   

 

     
   

Türkische Demonstration

Place de la Bastille in Paris: Zahlreiche Türken versammeln sich mit ihren roten Fahnen, um ihrer Solidarität mit den tausend Gefangenen in ihrer Heimat, die sich im Hungerstreik befinden, Ausdruck zu geben. Nach 60-tägigem Fasten sind sie in einem kritischen Zustand. Sie weigern sich, die kleinen Zellen zu beziehen, in denen sie isoliert werden sollen, was für sie unmenschlich ist, und protestieren gegen den geplanten Bau von Einzelzellengefängnissen.

Mit dieser Situation konfrontiert, hat die türkische Regierung das Zeichen zum Angriff gegeben. Dutzende von Häftlingen sind gestorben. Hunderte sind verletzt. Einer hat sich selbst verbrannt. Das Fernsehen hat uns die schrecklichen Bilder gezeigt.

Langsam bewegt sich der Zug durch die Straßen, mit türkischen und französischen Slogans, unterbrochen von einer Musik, die mich bezaubert. Schließlich ergreifen einige das Wort. Auf Wunsch der Verantwortlichen wende ich mich an die Menge: Werden die Gefangenen, die sich im Hungerstreik befinden, unseren Protest hier in Paris hören? Werden unsere Schreie durch die türkischen Mauern dringen? Die Menge mit den roten Fahnen ist davon überzeugt.