Logbuch: Februar 2000 |
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Vorwärts gehen und Neues schaffen Ich hatte vor, in einer kleinen Gemeinschaft, die sich monatlich trifft, die Messe zu feiern, als ich auf ein Team von Canal+ stieß, das mich interviewen wollte. Anschließend kam ich mit den jungen Kameraleuten ins Gespräch. "Es ist nicht einfach Zufall, dass wir diesen Beruf ausüben. Ich könnte nicht eine Arbeit verrichten, wo alles voraussehbar und programmiert ist. Ich weiß zum Beispiel nicht, wohin ich morgen gehen werde, wen ich treffen und mit wem ich arbeiten werde. Wenn man sich irgendwo definitiv einrichtet, ist man verloren. Ich geh meinen Weg und versuche zu leben." Ich bewunderte sie ­ und sagte zu mir selbst: Diese Jungen
haben Glück, dass sie so denken und leben. Sie sind offen
für Neues, können vorwärtsgehn und Neues schaffen!
Sie leben, ohne sich zu schützen. Ökumene der Basis Kurz hintereinander werde ich in drei verschiedene Vorstädte eingeladen: Neuehof (Straßburg), Schaerbeeck (Brüssel) und Bagatelle (Toulouse). Mosbah von der Mosaischen Gesellschaft möchte, dass ich nach dem Imam von Marseille das Wort ergreife und das Christentum vorstelle. Hassan, Jugendverantwortlicher in Schaerbeeck, würde es gern sehen, dass ich mit einem Rabbi und einem Imam zusammen über "die Menschenrechte in verschiedenen Konfessionen" spreche. Und Hafid im Quartierhaus von Bagatelle wünscht sich, dass ich mit der israelischen Sängerin Sara Alexander und Magyd Cherif von der Gruppe Zebda anwesend sei. Es sind spannende Begegnungen. Ich bin nachher überzeugter
denn je, dass der interreligiöse Dialog von Mensch zu Mensch
stattfinden muss, in einem Klima der Toleranz. Diese spontanen
ökumenischen Aktionen kann man doch nicht übersehen!
Es gibt eine lebendige Ökumene an der Basis. Fünf Jahre später Unter den Fenstern der Nuntiatur, der päpstlichen Gesandtschaft in Paris, fand eine Demonstration statt, um in Bezug auf die Geschehnisse in Evreux 1995 Gerechtigkeit zu fordern. Ich hatte geplant, etwas später dazuzustoßen und mich eher zurückzuhalten. Kaum hatte ich die Metrostation verlassen, da hörte ich auch schon das Tamtam und die Gesänge der Afrikaner, die sicher auch in den getäfelten Salons der Nuntiatur zu hören waren, wo die Delegation empfangen wurde. Ich begrüßte die Demonstranten aus Belgien und verschiedenen französischen Städten, ohne die zahlreichen Mauretanier, Malier und Senegalesen zu vergessen. Es berührte mich, dass Moslems gekommen waren, um einen Katholiken zu verteidigen. Dass Menschen, die in schwierigen Situationen steckten, weil sie keine gültigen Papiere besaßen, Gerechtigkeit forderten für einen Kirchenmann! Vor Kälte schlotternde Afrikaner wollten unbedingt dabei sein und in brüderlicher Haltung, die durch keine Grenzen eingeengt ist, ihre Verbundenheit mit Partenia zum Ausdruck bringen. Unter seinen Fenstern konnte der Nuntius sehen und verstehen,
dass dank den Papierlosen eine solidarische Zukunft angebrochen
war.
Die kommunistische Tageszeitung L'Humanité hatte mir diesen Vorschlag für den Tag vor Weihnachten gemacht. Eine gute Gelegenheit, um mit Leuten zu kommunizieren! Die Zeitungsverantwortlichen waren der Ansicht, eine mutige Wahl getroffen zu haben. Aber es wurde ihnen klar, dass es kein Verdienst war. Warum sollte eine Zeitung, die offen sein will, einen Gast fürchten, der ebenfalls versucht, es zu sein? Das Redaktionsmitglied Thomas holt mich am Flughafen Roissy ab. Im Zeitungsgebäude gehe ich von Büro zu Büro, um jeden und jede zu begrüßen. Um 10.00 Uhr ist Redaktionssitzung, um über die Gestaltung der Zeitung zu diskutieren. Die aktuellen Ereignisse stimmen einen eher pessimistisch. Ich verlange, dass der angekündigte Waffenstillstand auf Korsika in den Vordergrund gerückt wird, das ist ein Hoffnungsschimmer am Vortag von Weihnachten, und dass man nicht vergisst, von denen zu reden, die mir am Herzen liegen, die Papierlosen. Während des ganzen Tages bringt man mir Artikel, die am Entstehen sind, Faxnachrichten und Depeschen von Presseagenturen. Es ist ein Genuss, frei seine Meinung äußern zu können, und ich mache ausgiebig Gebrauch davon. Ich reagiere auf die Ereignisse in Korsika, die Ölpest, die doppelte Bestrafung, die Papierlosen, die Überschwemmungen in Venezuela ... Als ich das Gebäude verliess, war es schon Nacht. Und mir gingen viele Gedanken durch den Kopf: Was mir in anderen Zeitungen und katholischen Blättern verwehrt war, war bei einer kommunistischen Zeitung plötzlich machbar geworden! |
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