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Was war Ihr Eindruck von der Papstreise in den Nahen Osten?  
   
pèlerin de la paix Indem der Papst nach Jordanien, Israel und die palästinensischen Territorien reist, bewirkt er, dass wieder über diese Länder gesprochen wird, über ihre Bevölkerung und vor allem über die Christen, deren Lage sehr schwierig wird. Benedikt XVI. ist als Pilger des Friedens dorthin gereist, um die Christen im Orient zu unterstützen und um das Verhältnis zwischen Israel und dem Islam zu verbessern.
 
   
Nach der Regensburger Affäre mit den Moslems und dem Entscheid bezüglich des ultrakonservativen Bischofs, der die Juden vor den Kopf gestossen hat, hatte ich den Eindruck, dass dieser sehr konservative Papst sich geändert hatte. Er ist im interreligiösen Dialog so weit gegangen wie noch nie, nicht nur was seine klaren Aussagen betrifft, sondern auch seine ungewöhnlichen Gesten: Er hat Heiligtümer der Juden und der Muslime besucht. Er besuchte den drittheiligsten Ort des Islams und betrat als erster Papst überhaupt den Felsendom unter der Kuppel.  
   
Benedikt XVI. ist überzeugt: Wenn die Religionen einander näher kommen, können sie viel für den Frieden tun.  
   
Was ich bedaure: Ich hätte es gern gesehen, dass der Papst nach Gaza geht, wo die Bevölkerung unter den Folgen des Krieges leidet und wegen der Absperrungen keine Luft bekommt. Ein Wort des Papstes inmitten der Ruinen von Gaza, als Zeichen der Gerechtigkeit gegenüber dem palästinensischen Volk und um diesem Hoffnung zu geben.  
   
Sein Aufenthalt in Israel hat bei den Juden, die deportiert worden waren, harsche Reaktionen ausgelöst… Vor allem auch wegen seinem Entscheid, den erzkonservativen Bischof Williamson wieder aufzunehmen. Verstehen Sie diese Reaktionen?  
   
passage en Israël Ich verstehe sie. Der Zwist existiert. Bei seinem Besuch im Lager von Auschwitz im Mai 2005 hatte Benedikt XVI. eine «Gruppe von Verbrechern» für den Holocaust verantwortlich gemacht, ohne von der kollektiven Verantwortung der Deutschen zu sprechen. Dann gab er seinen Wunsch bekannt, Pius XII. selig zu sprechen, den Papst, dessen Haltung gegenüber den Juden während der Shoah umstritten bleibt. Dazu kam noch die Aufhebung der Exkommunikation des ultrakonservativen Bischofs. Auch als der Papst die Holocaust-Gedächtnisstätte Yad Vashem besuchte, hätte ich erwartet, dass er als deutscher Papst, ohne eine Rede zu halten, um Verzeihung bittet und sich entschuldigt. Worte, die die Herzen der Menschen berührt hätten.
 
   
Reden wir von der Familie… In Frankreich hat sich der Staatsrat gegen die Legalisierung der Leihmutterschaft ausgesprochen. Die Regierung hingegen würde diese Praktik im Falle einer Sterilität der Frau gutheissen. Was halten Sie davon?  
   
famille et plan éthique In der Praxis können alle, die sich die Dienste einer Leihmutter wünschen und die Mittel dazu haben, ins Ausland fahren, wo es liberalere Gesetze gibt. Die Tatsache, dass es in Frankreich ein neues Verbot gibt, ändert für diese Leute nichts. Aber in ethischer Hinsicht ist die Sache nicht so einfach. Der Staatsrat weist mit Recht darauf hin, dass die Schwangerschaft «für andere» für die Leihmutter nicht ohne Gefahren ist. Das Weggeben des Kindes an ein anderes Paar kann vom Kind als ein Im-Stich-Lassen empfunden werden. Die Achtung der menschlichen Würde hat immer Vorrang.
 
   
Der Staatsrat wollte vorsichtig sein, ohne aber eine solche Möglichkeit für die Zukunft gänzlich auszuschliessen. Die Gesetzgebung, die die Leihmutterschaft regeln soll, ist nicht ohne Risiken, selbst wenn man Vorsichtsmassnahmen trifft. Es kann immer aus dem Ruder laufen. Aber kann man denen, die keine Kinder haben können, noch lange verbieten, welche zu haben?  
   
Interview: Olivier Galzi