bible
 
Apokalypse  
Markus 13,14 und folgende
Lukas 21,25–33
 
   
Es gibt das Kalenderjahr, das Schuljahr und daneben auch das vielleicht etwas in Vergessenheit geratene Kirchenjahr. Dieses beginnt mit dem Advent, der Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Dieses Jahr war der letzte Sonntag im Kirchenjahr der 23. November und der 30. November war der erste Adventssonntag.
temps de préparation
 
   
Alles, was endet, wird von Trauer begleitet. Alles, was beginnt, geschieht im Zeichen der Hoffnung. Aber die Angst bleibt in beiden Fällen bestehen: Angst vor dem Neuen und vor dem Unbekannten. In den Zeiten des Endes und des Anfangs begegnen sich Leben und Tod. Auch wenn dieses Zusammentreffen nicht immer tragisch und radikal ist, so bleibt doch Letzterer immer gegenwärtig, wenn auch abgeschwächt, in den Zeiten des Übergangs. Am Ende und am Anfang des Kirchenjahres sind die biblischen Texte der sonntäglichen Feiern von diesen Gefühlen geprägt. Es wird auf die Endzeit hingewiesen, und die ist von apokalyptischem Schrecken erfüllt. Das Wort «Apokalypse», das «Enthüllung» und «Offenbarung» bedeutet, wird heute im Sinn von «Katastrophe» verstanden. Aber in diesen Texten begleiten diese Zeichen paradoxerweise das Kommen des Menschensohnes, die Nähe des Reiches Gottes, wo Friede und Liebe herrschen. Auch hier sehen wir die doppelte Realität des Endes und des Beginns, die wie Vorder- und Rückseite eines Blattes zusammengehören.
«Zeichen werden zu sehen sein an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker zittern ob des Brausens und Tobens des Meers. Die Menschen werden vor Angst und vor Erwartung weiteren Unheils, das über die Welt hereinbricht, fast vergehen…» Darauf ein Vergleich aus dem Landleben: «Wenn der Feigenbaum ausschlägt, dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. So sollt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, wissen, dass das Reich Gottes nahe ist.»
 
   
apocalypse So wurde auch Jesu Tod am Kreuz begleitet von Erdbeben und Finsternis, um das Ende einer Welt und drei Tage später den Anfang einer neuen Welt anzuzeigen.
 
   
Das Ende des liturgischen Jahres wird von apokalyptischen Symbolen begleitet, das Zeichen, dass etwas geschehen wird, dass nicht alles zu Ende ist, dass eine Neugeburt, eine Neuschöpfung möglich ist. Das ist die große Botschaft des Christentums: Der Tod wird nicht das letzte Wort haben. In jedem sterblichen Lebewesen schlummert ein Keim der Ewigkeit. Das hebt den Tod nicht auf, lässt ihn aber als Übergang zu einem andern Leben erscheinen. Es ist ein von Hoffnung erfüllter Übergang, der aber nicht ohne Unruhe und Angst erfolgt. Nur das Vertrauen in Jemand, der uns liebt und unser Glück will, kann etwas Licht in diesen entscheidenden Augenblick bringen.
Die ersten Christen dachten, die Wiederkunft Christi stünde kurz bevor. Sie mussten das Warten lernen. Jesus hatte gewarnt: Wir kennen weder den Tag noch die Stunde dieser Ereignisse, man muss wachen und wachsam bleiben.
Auf der ganzen Welt sehen wir, wie die Menschheit ihr eigenes Überleben aufs Spiel setzt und durch ihre Gier nach Genuss wahre Katastrophen herbeiführt, auch in der Natur. Die Beobachter unseres Planeten, Wissenschafter und Fotografen, sind pessimistisch. Das Ende der Welt zeichnet sich tatsächlich ab. Aber gleichzeitig fordern uns diese Zeichen auch heraus: Wir können unmöglich mit dieser schamlosen Verschmutzung und Ausbeutung der Natur fortfahren. Ein von der Angst hervorgerufener Sinneswandel zeichnet sich ab. Man beginnt sich der eigenen Verantwortung bewusst zu werden; jeder und jede hat mit den für alle lebensnotwendigen Gütern verantwortungsvoll umzugehen.
 
   
terre nouvelle Diese beunruhigenden Zeichen könnten so eine neue Ära einläuten, den Beginn einer neuen Welt bewirken, wo Friede und Achtung vor der Schöpfung herrschen. So wird der wahre Sinn von Apokalypse – die Enthüllung – Wirklichkeit. Sehen wir nicht durch diese schrecklichen Dinge hindurch einen beginnenden Wandel, einen Übergang zu einem «neuen Himmel» und zu einer «neuen Erde»?