bible
 
Nach Ninive gehen  
   
Wenn man mit Schwierigkeiten konfrontiert ist, gibt es zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Man kann sich gegen die aktuelle Kultur stemmen. Glücklicherweise gibt es noch einen andern Weg, der in folgenden drei biblischen Texten nahe gelegt wird. Im ersten Text erfolgt der Aufruf des Herrn an Jona: Geh nach Ninive!  
   
«Geh nach Ninive!»  
(Der Prophet Jona 1,2)  
   
Diesen Befehl erhielt Jona und wir wissen, dass seine erste Reaktion die war, dass er genau das Gegenteil tat. Für Jona repräsentiert Ninive eine Kultur, die von seinem Glauben und von seinem Gott nichts weiß, eine Kultur, die nicht durch die Offenbarung des Gottes geprägt ist, der mit seinem Volk einen Bund geschlossen hat. Ninive, das ist eine Art Schmelztiegel aller damaligen Kulturen der Welt.  
   
Ninive Gott aber beharrt darauf. Geh nach Ninive, Jona, nimm dir das Schicksal seiner Einwohner zu Herzen, fordere sie auf, umzukehren, ihre Wertskala zu verändern und zu lernen, anders zu leben. Es ist ein jüdischer Beitrag an diese Kultur: Die Menschen sehen, dass eine andere Art zu denken und zu leben möglich ist und dass diese der Menschheit zum Wohle gereicht.
 
   
«Seid um das Wohl der Städte besorgt, in die ich euch verbannt habe, und betet für sie!» (Jeremia 29,7)  
   
Babylone Hier richtet sich der Prophet Jeremia an die Menschen, die nach Babylon deportiert worden waren und die nur einen Traum hatten: Zurückkehren nach Jerusalem, ins Land der religiösen Einigkeit, ihrer Gewissheiten und der alten Bräuche und Sitten. Der Prophet aber sagt ihnen, sie sollten sich der neuen Kultur zuwenden und ihren eigenen positiven Beitrag dazu leisten. Dieser Aufruf ist eine kühne Vorwegnahme der Bergpredigt: «Liebt eure Feinde, betet für die, die euch verfolgen». – Die Geschichte gab später Jeremia Recht: Die jüdische Gemeinschaft trug nicht nur zur babylonischen Blüte bei, sie erfuhr selber durch die Berührung mit einer gänzlich anderen Kultur eine große Bereicherung auf dem Gebiet des Glaubens.
 
   
«Du unzuverlässiger und fauler Diener! Du hättest mein Geld auf die Bank bringen sollen …» (Matthäus 25,26-27)  
   
Er glaubte, richtig gehandelt zu haben: Da er fürchtete, das von seinem Meister erhaltene Geld zu verlieren, versteckte er es an einem sicheren Ort. So fürchten sich einige davor, das christliche Erbe dem Risiko der heutigen Zeit, der neuen Kultur auszusetzen.  
   
Diese drei Texte fordern uns auf, uns auf positive Art der aktuellen Kultur zuzuwenden, sie mit dem Einsatz unserer ganzen Person mit zu tragen, in der Zuversicht, dass daraus ein erneuertes Christentum hervorgeht, das dann aber vielleicht in einigen Punkten nicht mehr wieder zu erkennen ist, wenn man es mit der Vergangenheit vergleicht. Aber das wäre ja in der zweitausendjährigen Geschichte auch nicht das erste Mal…
nouvelle culture